Baden-Württemberg

Maßregelvollzug zu unsicher? Landesministerium weist SPD-Kritik zurück

Im Schnitt mehr als einmal die Woche verschwindet ein Patient aus dem Maßregelvollzug im Südwesten. Die SPD sieht Sicherheitsrisiken. Das zuständige Ministerium wiegelt ab.

Veröffentlicht:
Patienten und Mitarbeiter des Zentrums für Psychiatrie in Ravensburg sitzen gemeinsam am Essenstisch. Die SPD kritisiert, dass der Maßregelvollzug in den Anstalten des Landes zu unsicher sei. (Archivbild)

Patienten und Mitarbeiter des Zentrums für Psychiatrie in Ravensburg sitzen gemeinsam am Essenstisch. Die SPD kritisiert, dass der Maßregelvollzug in den Anstalten des Landes zu unsicher sei. (Archivbild)

© Felix Kästle / picture alliance / dpa

Ravensburg. Nachdem in den vergangenen Monaten mehrere Menschen aus dem Maßregelvollzug in Baden-Württemberg geflohen sind, sieht die SPD Sozialminister Manne Lucha (Grüne) in der Pflicht.

„Sozialminister Lucha trägt die Verantwortung dafür, Sicherheitsrisiken in allen Standorten auszuschließen und weitere Bedrohungslagen für die Bevölkerung zu vermeiden“, sagte Jonas Weber, Experte der SPD-Landtagsfraktion für Strafvollzug, der „Schwäbischen Zeitung“ (Samstag).

Seit November haben sich vier Personen allein aus dem Zentrum für Psychiatrie in Ravensburg-Weißenau (ZfP Südwürttemberg) abgesetzt, alle griff die Polizei kurze Zeit später wieder auf.

Ziel: Re-Integration in die Gesellschaft

Im Maßregelvollzug werden psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter untergebracht. Sie kommen dann zum Beispiel in eine Psychiatrie oder Entzugsklinik statt in ein Gefängnis.

Anders als beim Justizvollzug handle es sich beim Maßregelvollzug um eine medizinische Behandlung mit dem Ziel, psychisch kranke oder gestörte sowie suchtmittelabhängige Menschen wieder in die Gesellschaft zu integrieren, teilte ein Sprecher des Ministeriums am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur mit.

„Mit Blick auf dieses auch gesetzlich vorgegebene Behandlungsziel sind Lockerungen unabdingbar, zwingender Teil des Behandlungskonzepts und auch notwendig.“

Ministerium: Entweichungen, keine Ausbrüche

Besonders qualifizierte Therapeuten entschieden über solche Lockerungen in einem aufwändigen Verfahren sehr genau, erläuterte der Sprecher. Im Zusammenhang mit genehmigten Lockerungen gebe es bei Ausgängen immer wieder sogenannte Entweichungen; das seien aber keine Ausbrüche. „Mit Sicherheitsversäumnissen hat dies nichts zu tun.“

Dieter Grupp, Geschäftsführer des ZfP Südwürttemberg, sagte der Zeitung über die aktuelle Häufung der Fälle: „So etwas ist für uns neu.“ Die Anzahl der Entweichungen insgesamt habe sich über die vergangenen Jahre aber nicht geändert. Die Zentren für Psychiatrie im Land haben 2022 laut Ministerium 56 Entweichungen gemeldet.

„Mangel an Plätzen sorgt für Druck“

SPD-Politiker Weber sieht das Problem in mangelnden Plätzen und unzureichender Unterstützung für die Einrichtungen. „Der andauernde Mangel an Plätzen sorgt für erheblichen Druck in den bestehenden Einrichtungen und stellt ein großes Sicherheitsrisiko dar.“

Der Ministeriumssprecher entgegnete, die Landesregierung habe seit Beginn der stark ansteigenden gerichtlichen Zuweisungen von Straftätern in den Maßregelvollzug konsequent reagiert und Neubauvorhaben in Calw und Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) geplant, die schon gebaut würden. „So werden kurzfristig zusätzliche Plätze geschaffen, von Untätigkeit kann also überhaupt nicht die Rede sein.“ (dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Compliance

DSGVO in der Arztpraxis: Wenn der Datenschutz den Daumen senkt

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Real-World-Datena bestätigten Ravulizumab in der klinischen Praxis

© [M] LASZLO / stock.adobe.com

Komplementinhibition bei generalisierter Myasthenia gravis

Real-World-Datena bestätigten Ravulizumab in der klinischen Praxis

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: Alexion Pharma Germany GmbH, München
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Abb. 1: Freisetzung von Neurofilamenten aus geschädigtem Axon

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

Serum-Neurofilament-Leichtketten: Nutzen für die Praxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung