Zukunft der GKV

Mehr Geld oder Rationierung

Der Milliardenüberschuss der Kassen ist erfreulich, kann aber schnell wieder weg sein. GBA-Chef Hecken mahnt langfristig berechenbare Konzepte an.

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BONN. Bei der langfristigen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung kommt die Gesellschaft nach Einschätzung von Josef Hecken an einer Grundsatzentscheidung nicht vorbei.

"Wir müssen uns entscheiden, ob wir mehr Finanzressourcen zur Verfügung stellen, oder ob wir Leistungen rationieren wollen", sagte der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) beim "Gesundheitskongress des Westens 2013" in Bonn.

Er selbst lehne die Rationierungs-Option ab. Das bedeute aber, dass man die Frage neuer Mittelzuflüsse klären müsse. "Eine Finanzierung, die auf Dauer nur an den Faktor Arbeit anknüpft, wird den Herausforderungen nicht gerecht werden", sagte er.

In den vergangenen 15 Jahren sei der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt stabil geblieben. "Gleichwohl sind in diesem Zeitraum die Beitragssätze um rund 30 Prozent gestiegen, weil die Einnahmen erodiert sind."

500.000 oder 600.000 Arbeitslose mehr würden reichen, um die 28 Milliarden Euro an Reserven im Gesundheitsfonds auf Null zu bringen, so Hecken.

Leistungsrechtliche Aspekte klären

Steuerzuschüsse für den Gesundheitsfonds sind für ihn nicht das Mittel der Wahl.

Sie machten den Bundesrechnungshof und den Bundesfinanzminister zunehmend zu Entscheidungsträgern in der Gesundheitspolitik. "Das sind schlechte Ratgeber."

Nach der Finanzierungsfrage müssten auch leistungsrechtliche Aspekte geklärt werden. Dazu gehört für Hecken die Ausweitung der Nutzenbewertung, um echte Innovationen von Scheininnovationen unterscheiden zu können.

"Auch in anderen Bereichen müssen wir konsequent den Weg gehen, den wir mit dem AMNOG eingeschlagen haben."

Selbstbeteiligungen der Patienten

Bei der Nutzenbewertung sollten für ihn langfristig patientenrelevante Endpunkte wie die Lebensqualität oder die Nebenwirkungen von Therapien eine wichtigere Rolle spielen - ebenso wie die ethischen Dimensionen des medizinisch-technischen Fortschritts.

Er plädierte dafür, auch die Patienten in die Pflicht zu nehmen, damit sie verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgehen. Dazu könnten etwa Selbstbeteiligungen dienen.

Um die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Fragen komme die Gesellschaft nicht herum, betonte Hecken.

"Wenn wir uns dem nicht bald ernsthaft stellen, vielleicht nach der Bundestagswahl, dann werden wir relativ schnell merken, dass die 28 Milliarden Euro nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sind." (iss)

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