Mindestmaß für Privatversicherte

Teure Tarife, schlechte Leistung - die PKV in der Kritik: Jetzt wehrt sich der Verband und kündigt Mindeststandards für Leistungen an. Für die Privatversicherten könnte es etwas teurer werden.

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Der Würfel ist offenbar gefallen: Die meisten PKV-Unternehmen werden wohl Mindestleistungen einführen.

Der Würfel ist offenbar gefallen: Die meisten PKV-Unternehmen werden wohl Mindestleistungen einführen.

© sexcamp-graphics/Fotolia

BERLIN (iss). Die privaten Krankenversicherer (PKV) wollen eine offene Flanke schließen.

Offensichtlich wird eine Mehrheit der Unternehmen zum Jahreswechsel einen Mindeststandard für den Leistungsumfang einführen. In erster Linie geht es dabei um die ambulante Psychotherapie und einen offenen Hilfsmittelkatalog.

In diesen beiden Punkten fällt die Branche hinter die gesetzlichen Krankenkassen zurück, was sie bei der Politik und in der Öffentlichkeit zunehmend unter Druck gebracht hat - verschärft noch durch das Angebot von Billigtarifen, die zum Teil deutlich unter dem GKV-Niveau liegen.

Der PKV-Verband könne den Unternehmen natürlich nicht vorschreiben, welche Produkte sie anbieten, sagte der Verbandsvorsitzende Reinhold Schulte auf der Mitgliederversammlung in Berlin. "Das wäre schlicht ein Verstoß gegen das Kartellrecht."

Aber soweit er den Markt überblicke, werden viele Unternehmen zum Jahresende ihre Tarife mit Mindestleistungen versehen, kündigte Schulte an. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Versicherer ohnehin auf Unisextarife - also geschlechtsneutrale Angebote - umstellen.

"Nicht sehr kostenintensiv"

Starke Prämienerhöhungen wird der neue Standard wohl nicht auslösen. "Die Mindestleistungen werden sich nach unserer Erkenntnis nicht sehr kostenintensiv auswirken", sagte Verbandsdirektor Dr. Volker Leienbach.

Das liege auch daran, dass die Versicherer in der Vergangenheit viele der Leistungen erstattet hätten, auch wenn sie von den Versicherungsbedingungen nicht erfasst waren.

Über den berechtigten Kritikpunkten dürften die großen Vorteile der PKV nicht übersehen werden, forderte Schulte.

"Die freie Arzt- und Krankenhauswahl und Leistungen ohne Deckelung durch Budgetgrenzen sind immer noch ein wesentliches Motiv, zur PKV gerade wegen dieser Mehrleistungen zu kommen."

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 22.06.201216:57 Uhr

Ach nee,

subnormales Leistungsniveau bei der PKV unterhalb von GKV-Mindeststandards wird jetzt selbst vom PKV-Verbandsvorsitzenden Reinhold Schulte auf der Mitgliederversammlung der Privaten Krankenversicherer in Berlin für spezielle Leistungsbereiche zugegeben. Das sind nicht nur ambulante Psychotherapie und Mängel im Hilfsmittelkatalog, sondern auch häusliche Krankenpflege, Betreuung erkrankter privat versicherter Kinder, Anschlussheilbehandlung (AHB) und Rehabilitation (REHA). Auch manche Originalmedikamente über GKV-Festpreisniveau bzw. Rabattvertrag wurden nach Angaben meiner PKV-Patienten nur mit Murren oder gar nicht mehr übernommen.

Dass hier ein gewinnsteigernder, systematischer Fehler mit Restriktion und Leistungsverweigerung besonders bei älteren Privatversicherten und gleichzeitiger Prämiensteigerung vorliegen könnte, wird natürlich nicht zugegeben. "Das wäre schlicht ein Verstoß gegen das Kartellrecht" würden sich vermutlich PKV-Verbandschef Schulte und sein Sprachrohr, Verbandsdirektor Dr. Leienbach herausreden.

Tatsache ist jedoch, dass die Machenschaften der PKV über gesundheitsökonomische, wissenschaftliche Studien und durch einen Sturm der Entrüstung von DER SPIEGEL, STERN und Tageszeitungen über die Ärzte Zeitung und nicht zuletzt durch die heutige Deutsche-Ärzteblatt-Ausgabe bloß gestellt wurden. Und wenn Verbandsdirektor Dr. Leienbach beteuert, "die Mindestleistungen werden sich nach unserer Erkenntnis nicht sehr kostenintensiv auswirken", fragt man sich unwillkürlich, warum die neuen Standards nicht schon längst kostenneutral und werbewirksam eingeführt wurden?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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