Vergütungsbremse für die Krankenhäuser

Ministerin will Kassenbeiträge stabil halten – und stößt auf massive Kritik

Das Bundeskabinett tritt auf die Kostenbremse – und damit offenbar auch in ein Fettnäpfchen. Ausbaden muss das Gesundheitsministerin Warken. Obwohl sie zwei Milliarden Euro einsparen will, hagelt es Schelte von fast allen Seiten.

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Muss für ihre Sparvorschläge im Gesundheitswesen ordentlich einstecken: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

Muss für ihre Sparvorschläge im Gesundheitswesen ordentlich einstecken: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

© Michael Kappeler/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) geht davon aus, die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das Jahr 2026 stabil halten zu können. Das Bundeskabinett hat dazu am Vormittag ein knapp zwei Milliarden Euro schweres Sparpaket beschlossen.

Kern der Maßnahmen ist eine Begrenzung der Vergütungsanstiege in den Krankenhäusern auf die reale Kostenentwicklung. Die Krankenkassen sollen allein damit um 1,8 Milliarden Euro entlastet werden.

Zudem sollen Sachkosten der Krankenkassen sowie das Fördervolumen des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) um jeweils 100 Millionen Euro gesenkt werden.

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„Damit halten wir unser politisches Versprechen an die Beitragszahler und Unternehmer“, sagte Warken. Die zur Routine gewordene Erhöhung der Zusatzbeiträge zum Jahresende werde somit durchbrochen, betonte die Ministerin. Im Ergebnis dürfte der durchschnittliche ausgabendeckende Zusatzbeitrag damit auf dem heutigen Niveau stabilisiert werden, sagte Warken voraus.

Das Vorgehen der Ministerin stieß im politischen Raum wie auch im stationären Sektor umgehend auf Kritik. Die kurzfristig verabschiedete Sparmaßnahme mache die Kosten-Erlös-Schere für die Krankenhäuser erneut auf, sagte der Vorsitzende des Verbands der Universitätsklinika, Professor Jens Scholz.

Scholz: Kosten-Erlös-Schere erneut geöffnet

Scholz verwies darauf, dass den Krankenhäusern erst im Sommer ein Zuschlag zu jeder Krankenhausrechnung zugesagt worden war, womit die stationäre Versorgung stabilisiert werden sollte.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hieb in die gleiche Kerbe und reagierte mit einem offenen Brief an die Bundesgesundheitsministerin. Wer nach jahrelangem Druck von Krankenhäusern und Ländern den Kliniken gestern den dringend benötigten Ausgleich für die seit 2022 extrem gestiegenen Preise zukommen lasse, ihnen morgen das Geld aber wieder durch die Hintertür entziehe, habe nichts anderes als die völlige Kehrtwende seiner gerade noch verkündeten krankenhauspolitischen Leitlinie vollzogen.

Wer zudem behaupte, dass die Krankenhäuser durch die Kürzung kein Geld verlören, weil sie ansonsten ja zuviel Geld bekommen hätten, sei entweder dreist oder habe das System der Krankenhausfinanzierung nicht verstanden, so die DKG.

Scharfe Kritik aus Bayern – an Klingbeil

Der Zorn von Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) richtete sich weniger gegen ihre Amtskollegin auf Bundesebene sondern gegen Finanzminister Lars Klingbeil (SPD). „Klingbeil weigert sich beharrlich versicherungsfremde Leistungen hinreichend aus Steuermitteln zu finanzieren. Stattdessen sollen jetzt die Krankenhäuser trotz ihrer schwierigen Lage zur Kasse gebeten werden.

Das ist ein großer Fehler“, wetterte Gerlach. Bayern werde sich im parlamentarischen Verfahren für Änderungen an dem Konzept einsetzen.

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Eine nachhaltige Reform vermochten auch die Bundestagsabgeordneten von Bündnis90/Die Grünen, Linda Heitmann (Gesundheitsausschuss) und Paula Piechotta (Haushaltsausschuss), im Vorgehen der Ministerin nicht entdecken.

Warken sei der Aufgabe nicht gewachsen, der vierfachen Herausforderung aus Kostenexplosion, verbesserungswürdiger Behandlungsqualität, Demografie und ausbleibendem Wirtschaftswachstum zu begegnen. Versicherte und Arbeitgeber könnten sich „diese planlose Gesundheitsministerin“ nicht länger leisten, wetterten die Abgeordneten der Grünen.

Verfolgt werden dürfte Warkens Schritt auch beim Schätzerkreis, der am Mittwoch zusammengetreten ist, um die rechnerische Höhe des Zusatzbeitrages in der GKV festzulegen. Wie hoch dieser tatsächlich ausfällt, hat die Gesundheitsministerin in der Hand. Sie kann von der Expertenempfehlung abweichen. (af)

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