Gesundheitsversorgung in RP

Ministerium und KV zoffen über Niederlassungsförderung

Die KV Rheinland-Pfalz hat beschlossen, die Niederlassungsförderung von 60.000 auf 39.000 Euro zu senken. Grund sind unter anderem hohe Kosten durch das Terminservicegesetz (TSVG).

Anke ThomasVon Anke Thomas Veröffentlicht:
Die Vertreter der KV Rheinland-Pfalz stimmen der Senkung der Niederlassungsförderung zu.

Die Vertreter der KV Rheinland-Pfalz stimmen der Senkung der Niederlassungsförderung zu.

© Anke Thomas

Mainz. Das seit etwa drei Jahren gute Verhältnis der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) mit dem rheinland-pfälzischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat tiefe Risse bekommen. Grund ist unter anderem ein Brief des Ministeriums, der für Zündstoff sorgte und den Ablauf der Vertreterversammlung (VV) der KV Rheinland-Pfalz am Mittwoch prägte.

In seinem Brief hatte das Ministerium der KV zu verstehen gegeben, dass sie nichts von der geplanten Kürzung der Niederlassungsförderung halten würde und die KV doch Rücklagen auflösen könne. Diesen Angriff auf die Selbstverwaltung, der das Fass offenbar zum Überlaufen brachte, wollte die KV nicht auf sich sitzen lassen. Der auf der VV anwesende Vertreter des rheinland-pfälzischen Gesundheitsministeriums, Jochen Metzner, musste sich einiges anhören.

Strapaziertes Verhältnis der Partner

Allgemeinarzt Dr. Olaf Döscher, Vorsitzender der VV, fand deutliche Wörter. Er kritisierte, dass das Ministerium offenbar den Unterschied zwischen Rechts- und Fachaufsicht nicht verstanden habe. Bei all den Anforderungen, mit denen niedergelassene Ärzte konfrontiert würden – etwa durch das TSVG oder die Digitalisierung –, sollte das Ministerium alles dafür tun, damit das Verhältnis der Partner nicht über Gebühr strapaziert werde. Der Allgemeinarzt wies auf die angespannte Lage in Kirn, St. Goar und Oberwesel hin, die dem Ministerium hinreichend bekannt sei.

Für viel Aufregung sorgte laut Döscher auch die Schließung einer großen Versorgerpraxis in Nastätten. Bei einer Veranstaltung dort hatten Bürgermeister, Landräte und Bürger einen Mitarbeiter der KV auf das Übelste beschimpft. Die ebenfalls bei der Veranstaltung anwesende Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), Gesundheitsministern in Rheinland-Pfalz, hatte sich nicht schützend vor den Vertreter der KV gestellt und dem Geschehen offenbar schweigend zugesehen. Auf Facebook hatte die Veranstaltung einen Shitstorm gegen die KV ausgelöst, die für die Misere verantwortlich gemacht wird.

„Wir erwarten auch gegenüber Lokalpolitikern die uneingeschränkte Unterstützung des Ministeriums“, spielte Döscher auf das Debakel in Nastätten an. Dabei unterstrich er die sehr gute Arbeit der KV – trotz der sich zuspitzenden Probleme und fehlender politischer Unterstützung.

Auch Allgemeinarzt Dr. Peter Heinz verlieh seiner Empörung Ausdruck. „Man benutzt uns als Watschenkasper“, ärgerte sich Heinz, der darauf hinwies, dass die Politik von der Ärzteschaft schon vor vielen Jahren auf die sich abzeichnenden Versorgungsprobleme aufmerksam gemacht worden sei. Damals seien die Ärzte nur ausgelacht worden.

Bereits 2005 habe die KV deshalb begonnen, Versorgungsforschung zu betreiben und entsprechende Zahlen, die den heutigen, eklatanten Ärztemangel offenbart hätten, vorgelegt. Aber auch das hätte niemand geglaubt, und es sei nichts geschehen. „Wir erwarten von der Politik, dass sie zugibt: Ja, wir haben in der Vergangenheit Fehler gemacht und die KV hat keine Schuld an der Lage“, so Heinz.

Mittel im Strukturfonds sinken

Die Mittel im Strukturfonds, erklärte Heinz, seien begrenzt und würden durch die im TSVG verankerte extrabudgetäre Vergütung weiter sinken. Die KV investiere nun, um die Terminservicestelle auszubauen und damit - wie von der Politik gewünscht – eine Dispositionszentrale zu installieren. Damit werde die Erreichbarkeit für Patienten an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr gewährleistet. Um das finanzieren zu können, habe sich die KV dazu entschlossen, die Niederlassungsförderung von 60 000 auf 39 000 Euro zu senken. Damals habe das Ministerium im Übrigen selbst eine Förderung von 40 000 Euro vorgeschlagen und gemeint, 60 000 Euro seien viel zu viel.

„Es ist eh schon fragwürdig, dass wir so etwas überhaupt bezahlen“, sagte Heinz. Schließlich sei die Entscheidung für oder gegen eine Niederlassung kaum von diesem Geld abhängig. „Wir machen uns krumm, das bisschen Versorgung, das noch da ist, sinnvoll zu leiten“, erklärte Heinz, der aber auch Gesprächsbereitschaft mit dem Ministerium signalisierte. Das Gegeneinander helfe nicht weiter, alle müssten an einem Strang ziehen, mahnte der KV-Chef.

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