Schleswig-Holstein

Monitoring von COVID-19-Patienten hat sich bewährt

Im Norden ist eine bundesweit einmalige Vernetzung von Vertragsärzten und ÖGD gelungen. Der Informationsaustausch dient auch als „Schutzwall für Kliniken“ und verringert stationäre Einweisungen.

Von Dirk Schnack Veröffentlicht:
Heiner Garg (FDP), Sozial- und Gesundheitsminister von Schleswig-Holstein: Der enge Austausch verhindert, dass einzelne Patienten durch das Netz fallen und nicht ausreichend überwacht und betreut werden.

Heiner Garg (FDP), Sozial- und Gesundheitsminister von Schleswig-Holstein: Der enge Austausch verhindert, dass einzelne Patienten durch das Netz fallen und nicht ausreichend überwacht und betreut werden.

© Carsten Rehder/dpa

Kiel. Mit einem Monitoring der isolierten COVID-19-Patienten gelingt es in Schleswig-Holstein, Krankheitskomplikationen frühzeitig zu erkennen und stationäre Behandlungen zu verhindern.

Die Gesundheitsämter der Kreise und niedergelassene Ärzte tauschen die dafür erforderlichen Daten digital aus. Landesgesundheitsminister Dr. Heiner Garg (FDP) sieht im Monitoring einen „wesentlichen Baustein, weshalb Schleswig-Holstein bislang halbwegs glimpflich durch die Krise gekommen ist“. Die Beteiligten sprachen von einem „Schutzwall für Kliniken“.

Hausärzte fragen zweimal täglich Gesundheitszustand ab

Für das vor rund sechs Wochen in Absprache zwischen KV, Öffentlichem Gesundheitsdienst (ÖGD) und Ministerium aufgebaute Monitoring informieren die Gesundheitsämter Ärzte über die häusliche Isolation von Patienten. Im Gegenzug erhalten sie Informationen über die Betreuung und den weiteren Verlauf von Erkrankung und Genesung und können sich stärker auf das Nachverfolgen von Kontakten konzentrieren.

Die Hausärzte fragen zweimal täglich den Gesundheitszustand ihrer isolierten Patienten telefonisch ab und dokumentieren dies digital in einem standardisierten Protokoll. Bei einer Verschlechterung können sie entscheiden, ob eine stationäre Aufnahme erforderlich ist. Die telefonische Abfrage ist delegationsfähig und kann einer MFA übertragen werden, wenn diese in ständigem Kontakt mit dem Arzt steht.

Der Informationsaustausch erfolgt über gesicherte Schnittstellen zwischen den Datenbanken des Landes, der KV und der Gesundheitsämter. Ärzte können hierbei nur auf Daten ihrer eigenen Patienten zugreifen.

Lungenärztlicher Dienst ist konsiliarisch eingebunden

Neben der telefonischen hausärztlichen Abfrage steht den Patienten ein lungenärztlicher Hintergrunddienst für weitere Fragen zur Verfügung. Hierfür hat die KV ebenfalls niedergelassene Ärzte rekrutiert. Abgerundet wird das Paket durch einen fahrenden Hausbesuchsdienst durch hierfür geschulte Anästhesisten.

Diese vorwiegend jungen Klinikärzte kann die KV einsetzen, weil in den vergangenen Wochen viele Krankenhäuser elektive Eingriffe verschoben hatten. Die Konzentration solcher Hausbesuche durch einen speziellen Dienst hat die Vorteile, dass Hausärzte nicht aus der Routineversorgung abgezogen werden und die knappe Schutzkleidung nur für eine begrenzte Zahl von Einsatzkräften bereitgestellt werden muss.

Bislang sind mehr als 1600 Patienten im Monitoring gewesen, aktuell sind es noch 206. Rund 1200 Patienten aus dem Monitoring sind inzwischen genesen. Nur 100 der 1600 Patienten mussten stationär aufgenommen werden. 35 von ihnen sind gestorben.

Landesgesundheitsminister Garg hält diese Zusammenarbeit zwischen den landesweit 15 Gesundheitsämtern und niedergelassenen Ärzten für bundesweit einmalig. „Der enge Austausch verhindert, dass einzelne Patienten durch das Netz fallen und nicht ausreichend überwacht und betreut werden“, lobte Garg. KV-Chefin Dr. Monika Schliffke erwartet, dass der digitale Austausch über die Corona-Krise hinaus Bestand haben wird. „Wir wollen diese Grundkonzeption auch nach COVID-19 nicht aufgeben, sondern für spätere Infektionsgeschehen nutzen“, sagte Schliffke bei der Vorstellung des Monitorings.

Jeder dritte Hausarzt beteiligt sich

Sie ließ auch durchblicken, dass die Etablierung Überzeugungsarbeit bei den Ärzten erfordert hat. „Das kann man nicht vorschreiben, sondern man muss aufklären, vorschlagen, bitten“, so Schliffke. Immerhin rund ein Drittel der Hausärzte im Norden ist der Bitte gefolgt und beteiligt sich.

Die Gesundheitsämter halten die Zusammenarbeit mit den Praxen nicht nur im Monitoring für sinnvoll. Dr. Maria Kusserow, Sprecherin der 15 Gesundheitsämter in Schleswig-Holstein und Leiterin des Fachdienstes Gesundheit im Kreis Ostholstein, erinnerte zwar an einen ohnehin bestehenden Austausch zwischen den Ärzten und den Ämtern vor Ort – mit dem Monitoring sei diese Kooperation aber intensiviert worden. Sie hofft wie Schliffke, dass dies über die Corona-Krise hinaus so bleiben wird.

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