Landtagswahl in Thüringen

Neuauflage von Rot-Rot-Grün?

Thüringen wählt: Am 27. Oktober bestimmt das Bundesland mit dem ersten Ministerpräsidenten der Linken einen neuen Landtag.

Von Katrin Zeiß Veröffentlicht:
Landtagswahl Thüringen: Wahlplakate in Erfurt an Laternenmasten vor der Wahl am 27. Oktober.

Landtagswahl Thüringen: Wahlplakate in Erfurt an Laternenmasten vor der Wahl am 27. Oktober.

© Martin Schutt / dpa / picture alliance

Erfurt. Vor fünf Jahren hat Thüringen Geschichte geschrieben. Das Bundesland war 2014 das erste mit einem Ministerpräsidenten der Linken an der Spitze einer Rot-Rot-Grünen Landesregierung.

Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich die mit einer nur hauchdünnen Landtagsmehrheit ausgestattete Koalition von Linke, SPD und Grüne ohne größere Skandale bis zur regulären Neuwahl gehalten. Am 27. Oktober nun wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Nach bisherigen Umfragen könnte die Linke zwar erstmals die CDU als stärkste Kraft ablösen.

Nach in der vergangenen Woche veröffentlichten Umfragen (17.Oktober) von Infratest dimap für die ARD und der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF gäbe es allerdings keine Mehrheit für eine Neuauflage für Rot-Rot-Grün – vor allem wegen der Schwäche der SPD.

Aber auch für eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen würde es nicht reichen, eine Regierungsbildung würde somit sehr schwierig. Infratest dimap sieht die Linke mit Ministerpräsident Bodo Ramelow bei 29 Prozent, die CDU und AfD dahinter gleichauf bei 24 Prozent. Bei der Forschungsgruppe Wahlen rangiert die AfD mit 20 Prozent auf dem dritten Platz, während sich Linke (27 Prozent) und CDU (26) ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.

Die SPD verorten die Umfragen bei acht bis neun, die Grünen bei sieben bis acht Prozent. Die FDP kann sich mit vier bis fünf Prozent nicht sicher sein, nach fünfjähriger Abstinenz den Wiedereinzug in den Landtag zu schaffen. Ob es jedoch für ein neuerliches Regierungsbündnis mit SPD und Grünen reicht, ist fraglich.

Facharztquote an Kliniken

In den zurückliegenden fünf Jahren war mit Heike Werner erstmals eine Linke-Politikerin Thüringer Gesundheitsministerin. Sie führte 2017 eine Facharztquote an Krankenhäusern ein, was auch aus Sicht von gesetzlichen Krankenkassen bundesweit als vorbildlich galt.

Die Kliniken müssen nunmehr ihre Fachabteilungen mit mindestens 5,5 Vollzeitstellen für Ärzte ausstatten, davon wenigstens drei aus dem jeweiligen Fachgebiet. Bei dauerhaftem Verstoß dagegen droht die Schließung der betroffenen Abteilungen, was bislang allerdings noch nicht der Fall war.

Im Gegenteil: Das Ministerium hat einem ersten Krankenhaus sogar eine dauerhafte Ausnahmegenehmigung für die Fachgebiete Urologie und HNO erteilt, obwohl es dem Haus an entsprechenden Fachärzten fehlt. Nicht nur Krankenkassen, auch die Landesärztekammer befürchtet nun, die Quote könne zu einem Papiertiger verkommen.

Sie laufe „ein bisschen ins Leere“, so Kammerpräsidentin Ellen Lundershausen. Auch deshalb, weil niemand kontrolliere, ob tatsächlich alle Krankenhäuser mit Facharztmangel eine Ausnahmegenehmigung beantragen.

Die Krankenkasse Barmer stört vor allem, dass das Ministerium nicht kommuniziert, welche Häuser die im Interesse der Behandlungsqualität eingeführte Quote nicht dauerhaft einhalten.

Stichwort Krankenhäuser: Thüringen ist eines der Bundesländer mit der höchsten Krankenhausdichte. Die rot-rot-grüne Koalition war mit dem Versprechen angetreten, alle Standorte zu erhalten. Das ging gerade mal gut, nachdem ein neuer Betreiber für die Häuser der insolventen DRK-Krankenhausgesellschaft Thüringen-Brandenburg gefunden wurde.

Ärztekammer fordert mehr Mut

Kurz vor der Wahl forderte die Landesärztekammer nun „mehr Mut“ in der Krankenhausplanung. Sie verlangt von einer künftigen Landesregierung, den Bedarf in einem Gutachten zu erkunden und danach zu handeln.

Es müsse Vorgaben geben, wo und wie viele Maximalversorger benötigt werden, wo eine Grundversorgung mit Krankenhäusern erforderlich ist und wo Anlaufstellen für die notärztliche Versorgung ausreichen. Für Thüringer Verhältnisse wäre dies nichts weniger als eine Revolution.

So weit gehen die Wahlprogramme der Parteien längst nicht. Die SPD will öffentliche Krankenhausinvestitionen unter anderem von der Qualität der Einrichtung abhängig machen, die Linke will kommunale Krankenhäuser unterstützen, die AfD kommunale Kliniken der Grundversorgung erhalten.

Die FDP will die Krankenhausstruktur zwar am Versorgungsbedarf festmachen, definiert aber nicht näher, was darunter zu verstehen ist. Bei der ambulanten medizinischen Versorgung bringen Linke und Grüne Ärztegenossenschaften als alternative Versorgungsmodelle ins Spiel. Die FDP will mehr Telemedizin wie Videosprechstunden, so ähnlich formuliert das auch die CDU.

Mehr Medizin-Studienplätze gefordert

Für mehr Medizin-Studienplätze plädieren Linke, CDU und FDP, die AfD ist für eine Landeskinderquote bei der Zulassung zum Medizin-Studium.

Die CDU hat sich die Benennung eines Thüringer Patientenbeauftragten nach dem Vorbild der Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben. Die Linke hat ein Alleinstellungsmerkmal beim Thema Maßregelvollzug. Sie will die drei vor Jahren unter einer CDU-geführten Regierung privatisierten Forensischen Psychiatrien für psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter wieder zurück in staatliche Hand holen.

Das Gesundheitsministerium hatte bereits Ende 2016 die sogenannten Beleihungsverträge mit den Betreibern der Kliniken in Mühlhausen, Stadtroda und Hildburghausen vorsorglich gekündigt, weil sich die Vertragslaufzeit sonst um bis zu 30 Jahre verlängert hätte.

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