"Versorgungslandschaft Schmerz"

Neues IV-Projekt gegen Rückenschmerzen

Gemeinsam mit ärztlichen und psychologischen Schmerztherapeuten will der Hausärzteverband einem besonders häufigen Leiden zu Leibe rücken: dem Rückenschmerz.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Rückenschmerzen sind der zweithäufigste Grund, einen Arzt zu konsultieren. Besonders groß ist das Risiko der Chronifizierung, die schließlich der wichtigste Grund für eine Frühberentung ist.

Rückenschmerzen sind der zweithäufigste Grund, einen Arzt zu konsultieren. Besonders groß ist das Risiko der Chronifizierung, die schließlich der wichtigste Grund für eine Frühberentung ist.

© Klaus Rose

NEU-ISENBURG. Zwischen 27 und 40 Prozent der Menschen in Deutschland leiden unter Rückenschmerzen, und direkt nach Atemwegsbeschwerden sind sie der häufigste Anlass, einen Arzt zu konsultieren.

Rückenschmerzen sind die Ursache von 15 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage und mit 18 Prozent der wichtigste Grund für Frühberentungen. Abgesehen von den direkten Behandlungskosten verursachen diese Beschwerden volkswirtschaftliche Folgekosten von 17,5 Milliarden Euro.

Eines der großen Probleme ist die nicht seltene Chronifizierung der Krankheit: neben dem vorzeitigen Verlust der Arbeitsfähigkeit führt sie zu anhaltendem Leiden und psychischen Schäden.

Die Betroffenen benötigen möglichst frühzeitig eine adäquate Schmerztherapie und einen niedrigschwelligen Zugang zu qualifizierten Schmerztherapeuten, der gemeinsam mit dem Hausarzt die Behandlung abstimmt - auch unter Einbeziehung nichtärztlicher Heilberufe.

Diese Zusammenarbeit zu systematisieren, ist das Ziel der "Versorgungslandschaft Schmerz", die der Hausärzteverband mit dem Berufsverband der Ärzte und psychgologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin (BVSD) entwickelt hat.

Wie auch die anderen Versorgungslandschaften basiert die Versorgung auf einem Hausarztvertrag nach Paragraf 73 b SGB V, der durch die interdisziplinäre Einbindung der ärztlichen und psychologischen Schmerztherapeuten zu einem Integrationsvertrag nach Paragraf 140 a ff. erweitert wird.

Dieses Konzept wird wie vier andere Indikationen - Rheuma, Diabetes, Demenz und Pflege - gegenwärtig den Kassen als eine Vertragsoption angeboten.

Kurzer Weg zum Schmerztherapeuten

Vertragspartner: Hausärzteverband mit Hausärztlicher Vertragsgemeinschaft, Berufsverband der Ärzte und Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin, Krankenkassen

Versorgungsziele: Rechtzeitige Identifizierung des Chronifizierungsrisikos, Ambulant vor stationär, Hohe Transparenz der Kommunikationswege und geplant: Einbindung von Orthopäden, Neurologen, nichtärztlichen Leistungserbringern

Der Hausarzt erfüllt die Teilnahmevoraussetzungen dann, wenn er an einem Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung beteiligt ist. Der Schmerztherapeut muss die Zusatzbezeichnung "Spezielle Schmerztherapie" führen dürfen und mindestens mit einem Faxgerät ausgerüstet sein.

Charakteristisch für den Integrationsvertrag, der die Aufgaben, die Arbeitsteilung und Kooperation der Ärzte untereinander regelt, ist ein in umfangreichen Vertragsanlagen geregelter Algorithmus für Diagnostik, Therapie und Kooperation.

Grundsätzlich übernimmt der Hausarzt die Koordination und Behandlung des Schmerzpatienten. Dabei berücksichtigt er die individuellen Zielwerte und überprüft Hinderungsfaktoren bei Nichterreichen der Zielwerte. Das kann der Anlass sein, den Patienten an einen Schmerztherapeuten zu überweisen.

Eine stationäre Behandlung muss zwischen Haus- und Facharzt vereinbart werden. Zwingend ist eine Überweisung zum Schmerztherapeuten, aber auch zum Neurochirurgen oder Orthopäden notwendig, wenn der Verdacht auf ernsthafte organische Schmerzursachen (Red Flags) vorliegen, wenn Yellow Flags (psychische Risikofaktoren für eine Chronifizierung) nach vier Quartalen persistieren oder eine deutliche Chronifizierung vorliegt. Ein Termin beim Schmerztherapeuten soll binnen einer Woche möglich sein.

Der Schmerztherapeut muss den Patienten grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten an den Hausarzt zurücküberweisen. Bei gefährlichen Verläufen ist eine Einweisung in ein Krankenhaus vorgesehen.

In gemeinsamen Fallkonferenzen wird über geeignete Reha, eine Intensivierung von Therapiemaßnahmen und die gemeinsame Erstellung eines Therapieplans beraten und entschieden.

Klar geregelt sind die Aufgaben der Beteiligten. Die Funktion des Hausarztes ist eine ausführliche Anamnese einschließlich einer spezifischen Schmerzanamnese, die Erfassung psychosozialer Einflussfaktoren, ein psychosomatischer Kurztest, der Ausschluss schwerwiegender pathologischer Ursachen sowie die regelmäßige Schmerz- und Therapiekontrolle in den ersten vier Wochen nach der Eingangsdiagnostik. Dabei müssen auch Eigeninitiative und Compliance des Patienten beurteilt werden.

Kooperation in Fallkonferenzen

Halten die Beschwerden auch vier Wochen nach der Eingangsdiagnostik an, so folgt eine kleine Fallkonferenz zwischen Haus- und Facharzt. Der Schmerztherapeut veranlasst, wenn erforderlich, eine große Fallkonferenz, an der auch der behandelnde Physiotherapeut und Psychotherapeut teilnimmt.

Ferner bestimmt er den Chronifizierungsgrad der Beschwerden, initiiert die psychotherapeutische Begleitung und veranlasst kurzfristig bei Therapieresistenz oder akuter Verschlechterung die Überweisung in eine teilstationäre oder stationäre multimodale Schmerztherapieabteilung.

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