Nordost-KV setzt auf regionale Verhandlungen

Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern sind mit regional ausgehandelten Honoraren immer gut gefahren, sagt KV-Chef Dr. Wolfgang Eckert. Von Honorarkonvergenz hält er nichts.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

SCHWERIN. Profitieren Ärzte eher von einer Zentralisierung oder von einer Regionalisierung? Die Meinungen darüber gehen quer durch die Ärzteschaft und die KVen. Für Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern hat die KV stets überdurchschnittliche Honorarergebnisse ausgehandelt. KV-Chef Dr. Wolfgang Eckert erläutert im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung", wie dies gelungen ist und warum er zentralen Lösungen misstraut.

Kreativ, konstruktiv und konfliktiv - so lautet der Wahlspruch der KV im Nordosten. Den Konflikt trägt dabei meistens der KV-Chef selbst in vorderster Front aus. Dr. Wolfgang Eckert blickt in seiner Amtszeit auf vier vor dem Bundessozialgericht erstrittene Urteile und 29 Schiedsamtsentscheidungen nur zum Thema Honorar zurück.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Die niedergelassenen Ärzte an der Ostsee haben jahrelang Honorarsteigerungen genossen, die über dem Bundesdurchschnitt lagen. In den Jahren 2003 bis 2008 hätte Mecklenburg-Vorpommern über die Grundlohnsummensteigerung eine Honoraranhebung um 4,26 Prozent zugestanden.

Tatsächlich stieg das Honorar im Nordosten aber um stattliche 28,23 Prozent, weil die KV ihre Argumente dem Schiedsamt erfolgreich vortrug. Das Sozialgesetzbuch V sieht diese Möglichkeit in Paragraf 71 ausdrücklich vor.

Hoher Anteil an Rentnern, höherer Behandlungsbedarf

Damit widerlegt Eckert Behauptungen, dass seine KV allein wegen der letzten Honorarreformen im Bundesvergleich gut abschneidet. "Wir waren vorher erfolgreich und sind nicht erst durch die Köhler'schen Honorarreformen an die Spitze gekommen", sagte Eckert.

Der Allgemeinarzt aus Rostock wartet nur darauf, erneut verhandeln zu können. Denn die hohe Zahl von Rentnern im Nordosten und die damit verbundene Morbidität führen zu einem höheren ambulanten Bedarf.

"Unsere Argumente lassen sich am besten regional durchsetzen", sagte Eckert. Die Forderung einiger KVen nach einer Fortführung der Konvergenz im Jahr 2012 dagegen lehnt er ab, weil sie zu einem Abfluss von Versichertengeldern aus dem Nordosten führt. Dies ist aus seiner Sicht nicht zu rechtfertigen, weil die ambulanten ärztlichen Leistungen dort wesentlich höher ausfallen als etwa in Nordrhein-Westfalen.

Eckert belegt dies mit zwei Beispielen:

  • Mit 2,05 Krankenhaustagen je Versichertem liegt Mecklenburg-Vorpommern 0,15 Tage unter Nordrhein-Westfalen. Bei durchschnittlichen Kosten von 327 Euro je Kliniktag werden in Mecklenburg-Vorpommern für jeden Versicherten stationär 49 Euro weniger ausgegeben - Geld, das einen Honorarzuwachs im ambulanten Bereich rechtfertigt, da die Praxisinhaber die Einweisungen vermeiden und stärker in Anspruch genommen werden.
  • Die Ausgaben für ambulante Operationen liegen an der Ostsee bei rund 13 Euro je Versichertem, in Nordrhein-Westfalen nach Angaben der KV Mecklenburg-Vorpommernbei 8,50 Euro. Dies entspricht einem Honorarzuwachs von 4,50 je Versichertem, der mit weniger stationär vorgenommenen Eingriffen zu rechtfertigen ist.

Würden Ärzte im Westen ihre ambulanten Leistungen also dem der Ärzte im Nordosten anpassen, ergebe sich daraus ein möglicher Honorarzuwachs von 53,50 für jeden Versicherten. "Damit würde das Honorar der Ärzte in Nordrhein-Westfalen rund 20 Euro über dem Bundesdurchschnitt liegen", rechnet Eckert vor.

Schlechte Erfahrungen mit KVen im Westen

So sehr Eckert dem eigenen Verhandlungsgeschick vertraut, so misstrauisch ist er gegenüber anderen. Dies beruht unter anderem auf seinen Erfahrungen vor Einführung des Wohnortprinzips im Jahr 2002. Bis dahin leisteten Betriebs- und Innungskrankenkassen ihre Zahlungen für Kopfpauschalen an KVen in den alten Bundesländern.

Für die Ostländer wurde damals am Kassensitz - fast immer im Westen - mit verhandelt. Das Ergebnis: Für die neuen Länder kamen meist deutlich geringere Kopfpauschalen als im Westen heraus. Für die in Nordrhein ansässigen BKKen verhandelten die damaligen KV-Verantwortlichen Ost-Kopfpauschalen, die nur 50 bis 70 Prozent des Westniveaus erreichten.

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