Deutsche Diabetes Gesellschaft

"Nutzenbewertung braucht mehr Expertise"

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) kritisiert den aktuellen Prozess der Frühbewertung von neu zugelassenen Arzneimitteln durch den GBA. Es sei mehr Expertise von Fachgesellschaften nötig, damit chronisch Kranken langfristig innovative Therapieoptionen nicht vorenthalten würden.

Veröffentlicht:

BERLIN. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) kritisiert das Verfahren zur frühen Nutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel. Sie fordert, die Expertise von Fachgesellschaften dabei stärker einzubinden.

Seit das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) im November 2010 beschlossen wurde, prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) neu zugelassene Medikamente innerhalb von drei Monaten nach Markteinführung hinsichtlich ihres Zusatznutzens gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Wird dabei kein Zusatznutzen festgestellt und ist der Arzneimittelhersteller nicht bereit, den Preis für das neue Medikament zu senken, ist das Präparat gegebenenfalls bereits ein Jahr nach Markteinführung nicht mehr verfügbar.

Erfahrungen lassen sich nicht sammeln

Hier setzt die Kritik der DDG an. Die Fachgesellschaft stellt das Verfahren, die Wertigkeit eines Medikaments nur anhand eines Zusatznutzens und im Rahmen eines kurzen Einsatzeitraums zu bewerten, in Frage.

"Bei Metformin aus der Gruppe der Biguanide hat sich erst nach jahrelanger Anwendung gezeigt, wie viele Zusatzeffekte es außer der Beeinflussung des Blutzuckers hat", betont die DDG in einer Mitteilung.

"Ein Medikament muss erst eine gewisse Zeit im klinischen Einsatz sein, bevor man seinen Wert definitiv beurteilen kann", wird Professor Klaus-Dieter Palitzsch in der Mitteilung zur 7. DDG-Herbsttagung zitiert. Palitzsch ist DDG-Vorstandsmitglied und Chefarzt der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie und Innere Medizin im Notfallzentrum am Klinikum Neuperlach (Städt. Klinikum München GmbH).

Seine Kritik: Die frühe Nutzenbewertung verhindere, Erfahrungen mit Medikamenten in Bezug auf ihre Wirksamkeit, Arzneimittelsicherheit und Verträglichkeit zu sammeln.

Außerdem unterscheide sich der Einsatz eines Medikaments im Praxis- und Klinikalltag von dem Einsatz in Arzneimittelstudien, gibt Palitzsch zu bedenken.

"Hier werden keine streng ausgewählten Probanden behandelt, sondern Patienten, die Begleiterkrankungen haben, weitere Medikamente einnehmen müssen und völlig unterschiedliche Lebensgewohnheiten haben".

Im GBA nicht vertreten

Kritisch sieht der Tagungspräsident der DDG-Herbsttagung auch die derzeitige Praxis, im Rahmen der Bewertung Studien miteinander zu vergleichen.

"Wenn man die Vorgaben für die Durchführung von klinischen Studien und deren Wandel im Laufe der Zeit betrachtet, so ist ein Vergleich definierter Ergebnisse sehr schwer."

Darüber hinaus sind Vertreter von Fachgesellschaften wie der DDG im GBA nicht vorgesehen und nicht vertreten, womit ihre Expertise auch nicht in den Bewertungsprozess einbezogen werden kann.

Damit aber chronisch Kranken langfristig keine wichtigen Therapieoptionen vorenthalten werden, müssten Fachgesellschaften sich kontinuierlich in die wissenschaftliche und inhaltliche Diskussion der Nutzenbewertung im Rahmen des AMNOG-Prozesses einbringen.

Dies sei möglich, indem Vertreter in beratende Kommissionen wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft entsendet würden, so Palitzsch. (eb)

Die 7. Diabetes Herbsttagung der DDG, findet vom 15. bis 16. November 2013 im ICC Berlin statt.

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