"Ohne Arznei-Innovationen gibt es keinen Ausweg aus der Krise"

Weg vom reinen Kostendenken in der Diskussion über innovative Arzneimittel - das ist das Credo von John C. Lechleiter, Chef des Pharmaherstellers Eli Lilly. Vergeblich hat er vor höheren Zwangsrabatten für Arzneimittel gewarnt.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. In kaum einem anderen europäischen Land ist die Marktdurchdringung innovativer Medikamente fünf Jahre nach ihrer Einführung geringer als in Deutschland. "Viele Patienten würden von diesen Innovationen profitieren, aber sie kommen bei ihnen gar nicht erst an", kritisierte der Vorsitzende des Pharmaunternehmens Eli Lilly, John C. Lechleiter, kürzlich in Frankfurt.

In Deutschland gebe es mehr als 20 gesetzliche Instrumente zur Kostenkontrolle von verschreibungspflichtigen Medikamenten. "Es ist fast unmöglich, die vielen Effekte, Nebeneffekte und Interaktionen dieser Regulierungen zu verstehen", sagte Lechleiter bei einer Veranstaltung der American Chamber of Commerce. "Es wäre besser, diese Komplexität abzubauen, anstatt immer neue Hürden zwischen Patienten, Ärzten und neuer Medizin zu errichten", so der Pharmachef.

Eine der Herausforderungen im Gesundheitswesen sei es, Qualität und die Versorgung mit Arzneimitteln zu verbessern und zugleich Kosten zu senken. Das kann aus Sicht von Lechleiter am besten mit Innovationen gelingen. Mit Blick auf die aktuellen Reformdebatten im deutschen und im US-Gesundheitswesen forderte er einen veränderten Ansatz - weg vom reinen Kostendenken, hin zu einem Verständnis, das mehr auf den Wert von Leistungen setze.

Erstrebenswert sei eine Politik, die im Blick behalte, dass es mit dem effektiven Einsatz innovativer Medikamente bei Patienten oft gelinge, weitere Behandlungen und Klinikeinweisungen zu vermeiden, so der Pharmachef. Das Fortschreiten einer Krankheit könne verlangsamt oder gestoppt, Menschen könnten schneller wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, Kosten würden gesenkt.

Innovation sei zwar kein Allheilmittel für die steigenden Herausforderungen im Gesundheitswesen, räumte Lechleiter ein. "Aber es ist kaum möglich, einen Ausweg aus der aktuellen Krise ohne Innovationen zu finden." Er forderte politische Entscheidungsträger auf, sich von einer "One size fits all"-Versorgung zu verabschieden. Ziel müssten individualisierte, auf die Bedürfnisse einzelner Patienten maßgeschneiderte therapeutische Konzepte sein. "Patienten erleben Versorgung nicht als kollektive Gruppe, sondern als Menschen, die individuelle Antworten für sich selbst und ihre Familien suchen". Mit diesem veränderten Schwerpunkt könne es gelingen, hohe Kosten bei Patienten, die auf eine Therapie nicht ansprechen, zu vermeiden.

Der Gesetzgeber sollte darauf verzichten, die Zwangsrabatte auf Arzneimittel zu erhöhen, hatte Lechleiter im Vorfeld der Veranstaltung gefordert. Mit den Eckpunkten für ein Arzneispar-Paket, die die Koalition kürzlich verabschiedet hat, gehen Union und FDP aber einen anderen Weg. Zwangsrabatte für Nicht-Festbetragsarzneien werden ab 1. August von sechs auf 16 Prozent erhöht.

Zwangsrabatte hätten den Effekt, dass Unternehmen für therapeutisch erfolgreiche Medikamente bei wachsendem Absatz immer mehr Geld bezahlen müssten, kritisierte Lechleiter.. Versorgung im Gesundheitswesen sei immer ineffizient, "und vor diesem Hintergrund ist es geradezu absurd, Strafen speziell in dem Bereich vorzusehen".

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