Die Ärzte Zeitung lacht zur Fassenacht

"Omme omme, omme, die Bürgerversicherung muss komme!"

Wer taugt für die Bütt, wer versagt im Wettbewerb der Närrinnen und Narrhalesen? Beim geheimen Casting für eine gesundheitspolitische Prunksitzung in Berlin sahen einige vor Kraft strotzende Bewerber am Ende ganz schön alt aus.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:

Helau, Alaaf, Narrhallamarsch! Wir berichten heute über ein Casting für eine gesundheitspolitische Fassenachtssitzung, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einigen Tagen im Hinterzimmer einer Berliner Gaststätte stattgefunden hat. Wer hat das Zeug für einen bühnenreifen Auftritt, wer nicht? Die Jury soll paritätisch mit Kassenvertretern, Ärzten und Politikern besetzt gewesen sein. Wir wissen bisher leider nicht, ob die Prunksitzung selbst noch vor Aschermittwoch stattfindet. Die Details des Castings erscheinen uns aber aufschlussreich genug, um sie unseren Lesern nicht vorzuenthalten.

Zur großen Verblüffung der Jury soll sich der stark unter Termindruck stehende Bundesgesundheitsminister in der Reihe der Kandidaten vorgedrängelt und – zwar etwas zu schnell und mit falscher Betonung – seinen letztlich aber doch erfolgreichen Bewerbungssatz vorgetragen haben:

"Ich bin Hermann Gröhe, ein jeder mich kennt, ich bin in der Sitzung der Präsident. Ich steig in die Bütt, ich spiele den Till, weil ich als Minister es eben so will."

Gröhes Auftritt habe für einige Irritationen gesorgt, wurde uns zugetragen, denn der Till ist bekanntlich eine Traditionsfigur der Mainzer Fassenacht, der Minister aber ein Karnevalsprofi aus dem Rheinland. Ob Gröhes Redenschreiber hier versagt haben könnte, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.

Ziemlich nervös soll dann SPD-Mann Karl Lauterbach vor die Jury getreten sein:

"Auf Martin Schulz‘ Wogen komm ich geflogen,

ich werf nach der Wahl, so schaut es jetzt aus, den Gröhe ausm Ministerium raus!"

Der schon im Abmarsch befindliche Minister soll sauer gewesen sein und einen spontanen Gegen-Reim in den Saal gerufen haben: "Der Mann mit der Fliege wird Chef im BMG? Da tun mir schon jetzt die Knochen weh!" Lauterbach war zu diesem Zeitpunkt offenbar schon in Richtung Toilette unterwegs.

Nur noch ein Kamellewerfer

Rudolf Henke soll danach das Wort ergriffen haben – ohne Bewerbungsreim, aber dafür mit der Forderung, in der Prunksitzung gleich mehrere Büttenreden halten zu dürfen. Zum einen als Chef des Marburger Bundes, zum zweiten als Präsident der Landesärztekammer Nordrhein, zum dritten als Bundestagsabgeordneter der CDU mit Sitz im Gesundheitsausschuss. Seine Ankündigung, er werde auch noch mit einer vierten Rede als "Patient von der Basis" in die Bütt steigen, muss dann die Planungsjury so verärgert haben, dass Henke aus dem Programm geworfen wurde. Erst nach Intervention langjähriger berufspolitischer Kampfgefährten sei es ihm gestattet worden, zumindest als Kamellewerfer beim großen Finale auf die Bühne zu kommen.

Es ist, wie wir weiter erfahren haben, diskutiert worden, ob auch Vertreter der AfD zur Prunksitzung eingeladen werden. Dabei wurde zu bedenken gegeben, dass die politischen Mandatsträger dieser Partei zwar einen ganzen Abend zum Thema "Flüchtlinge bedrohen die deutsche Bütt" alleine gestalten könnten, ihr gesundheitspolitisches Wissen bisher aber offenbar lediglich auf zwei Kernfakten reduziert sei. Erstens: Sie kennen Gesundheitsminister Gröhe und halten ihn für einen Versager. Zweitens: Sie wissen, dass es Aspirin nicht auf Kassenrezept gibt. Dieses theoretische Fundament, so hieß es, reiche für die Bütt nicht aus.

Es war auch angedacht worden, die Ex-Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU), Andrea Fischer (Grüne), Ulla Schmidt (SPD) und Daniel Bahr (FDP) als gemischtes Gesangsquartett auftreten zu lassen, aber alle vier sollen sich schon im Vorfeld unisono verweigert haben mit der Begründung, sie ließen sich nicht nachträglich zu Deppen machen. Aus dem Umfeld von Seehofer sei zu erfahren gewesen, dass die Union ohnehin damit beschäftigt sei, noch vor Aschermittwoch einen "Orden wider die tierische Angst vor einem Bundeskanzler Martin Schulz" zu verleihen.

"Der macht, was er sagt"

Der in einer Casting-Pause von einem Jurymitglied etwas unbedacht formulierte Reim "die Kassen, die Kassen, die lieben den Herrn Gassen", soll dann noch einmal für Aufregung gesorgt haben. Diese Botschaft entbehre jeder Grundlage, muss unseren Informationen zufolge der aus Stuttgart angereiste Baden-Württembergische AOK-Vorstandschef Christopher Hermann kritisiert haben.

Die Laune des gebürtigen Rheinländers dürfte nicht besser geworden sein, als er dann auch noch als Vertreter der schwäbisch-alemannischen Fassenacht angekündigt wurde. "Liebe Närrinnen und Narrhallesen, ich werde euch ordentlich die Leviten lesen", soll er angekündigt und damit zugleich das Ticket für die Sitzung gelöst haben. Die Einschätzung der Jury: Der macht, was er sagt.

Etwas verspätet sind dann offenbar der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery und KBV-Chef Andreas Gassen in der Gaststätte eingetroffen, beide noch voll gestylt für ein Casting, das wenige Stunden vorher bei einem TV-Privatsender stattgefunden hat. Der Titel: "Deutschland sucht den schönsten Mann im Gesundheitswesen".

Beide, so hieß es, hätten ihre vorbereiteten Bewerbungsreime wieder einpacken können, weil die Jury keinen Zweifel ließ, dass die exponiertesten Vertreter der deutschen Ärzteschaft ein Freilos für die Sitzung erhalten.

Humba humba täterä

Grandios gescheitert ist offenbar ein nicht näher benanntes Paar, das ein vermeintlich launiges Faschingslied vorbereitet hatte. Doch wer allen Ernstes versuche, technokratische Wortungetüme wie "Mindestbeitragsbemessungsgrundlage", "EU-Berufsanerkennungsrichtlinie" oder "Pflegebedürftigkeitsbegriff" in einem Text auf die Melodie "Humba humba täterä" zu verarbeiten, der könne, so hieß es, auch in der Fassenacht nur auf die Nase fallen.

Kopfschütteln soll darüber hinaus der Beitrag einer weiteren Gesangsgruppe geerntet haben. Vertreter von SPD, Grünen und Linken hatten sich mit ihrem – bei allem Respekt vor den Regeln des Karnevals – niveaulosen Lied "omme omme omme, die Bürgerversicherung muss komme!", offenbar begeisterten Beifall versprochen. Bewertung der Jury: ungeeignet, setzen, sechs. Schluss jetzt mit all dem Nonsens, liebe Leserinnen und Leser! Sie haben es längst gemerkt: Am Rosenmontag regieren auch bei der Ärzte Zeitung die Narren. Wir haben unserer Fantasie freien Lauf gelassen – und Nonsens – wie wir alle aus langer Erfahrung wissen – wird im Gesundheitswesen ohnehin nicht nur in der Faschingszeit verzapft.

In diesem Sinne: Helau und Alaaf!

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