Ärztemangel

Ostfriesland setzt auf den Patientenbus

Patienten aus abgelegenen ostfriesischen Gemeinden sollen ab Oktober mit einem Bus zum Arzt transportiert werden. Dafür kooperieren KV und Landkreis mit einem Busunternehmen. Nach einem Jahr soll Bilanz gezogen werden.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Rollstühle und Rollatoren sollen im Patientenbus problemlos befördert werden können.

Rollstühle und Rollatoren sollen im Patientenbus problemlos befördert werden können.

© Monkey Business / fotolia.com

LEER. Ein Patientenbus soll in Zukunft ostfriesische Patienten vom platten Land zu Haus- und Fachärzten in der Stadt Leer chauffieren.

Ab dem 1. Oktober 2016 kooperieren die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), Bezirksstelle Aurich, und der Landkreis Leer für ein Jahr mit einem Busunternehmen, das nach einem festen Fahrplan mobilitätseingeschränkte Patienten aus den abgelegenen Gemeinden Jemgum, Bunde, Westoverledingen, Rhauderfehn, Ostrhauderfehn und der Stadt Weener nach Leer bringen und sie wieder abholen wird.

Fahr- und Wartezeiten koordinieren

Damit das System funktioniert, müssen sich nicht nur Patienten und Busfahrer an den Plan halten, sondern auch die Ärzte, sagt Susanne Kreienbrock, Koordinatorin der Gesundheitsregion Leer, der "Ärzte Zeitung".

"Auch die Ärzte müssen sich auf die An- und Abfahrtszeiten der Patienten einstellen. Sie müssen den Patienten, die mit dem Bus kommen, passende Zeitfenster zur Verfügung stellen." Für die Probezeit will die KVN zunächst eine kleine Gruppe von Praxen für die Teilnahme gewinnen.

Offenbar besteht noch Abstimmungsbedarf. "Wir wollen mit den niedergelassenen Ärzten darüber sprechen, wie sie durch Umstellung ihrer Praxisorganisation das Patienenmobil unterstützen können", so Dieter Krott, Geschäftsführer der KVN-Bezirksstelle Aurich in einer Mitteilung der KVN.

"Wichtig wäre zum Beispiel, dass die Praxen die Wartezeiten für Patienten des Patientenmobils verkürzen, um damit eine Rückfahrt im vorgesehenen Zeitfenster zu ermöglichen." Dazu könnte eine automatische Benachrichtigung der Praxis bei Abholung eines Patienten beitragen. "Wir haben von den Ärzten schon eine ganze Reihe positiver Rückmeldungen", sagt Krott.

Die Fahrer der Patientenmobile werden über ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem mit der Zentrale und den Patienten verbunden sein, um auch auch auf kurzfristige Anforderung reagieren zu können, hieß es.

Der Patient wird von zu Hause abgeholt und zur Arztpraxis gebracht. Mehrere Anfragen an das Patientenmobil aus einer Gemeinde werden möglichst gebündelt. Falls doch einmal der Zeitplan kippt, sollen im Rahmen des Projektes eigens Taxen für die Patienten fahren.

Jede Fahrt kostet 4,60 Euro

Solche Logistik sei nicht mit Kuli und Papier zu organisieren, "sondern das geht nur per Software, die in diesem Fall das Busunternehmen zur Verfügung stellt", so Kreienbrock. Die Weser-Ems Busverkehr GmbH (WEB) übernimmt die Patientenfahrten und Logistik.

Das Patientenmobil steht vormittags von 9 Uhr bis 12 Uhr zur Verfügung. Grundsätzlich wird die Mitnahme von zusammenklappbaren Rollstühlen oder Rollatoren möglich sein, hieß es.

Das Projekt "Patientenmobil" ist eines von vier medizinischen Versorgungsprojekten, die vom Lenkungsgremium der "Gesundheitsregionen Niedersachsen" auf Landesebene für eine Förderung ausgewählt worden ist, so die KVN. In der Tat haben es vor allem alte Patienten ohne Auto schwer, in der ostfriesischen Provinz rund um Leer noch einen Hausarzt zu erreichen.

"Wir haben allein in der Südhälfte des Landkreises 13 freie Hausarztsitze", so Kreienbrock. "Die wenigen Fachärzte auf dem Land haben ihre Praxen in Medizinischen Versorgungszentren, die für viele auch schlecht zu erreichen sind."

Das Projekt wird zwar mit 38 000 Euro aus dem Topf für die Gesundheitsregionen gefördert. Aber für jede Tour muss der Patient 4,60 Euro auf den Tisch legen, so Kreienbrock. "Das ist aber immer noch billiger, als 30 Euro für ein Taxi zu bezahlen."

Evaluiert wird das Projekt von der Universität Oldenburg. Kreienbrock: "Wenn die Ergebnisse vorliegen, werden wir sehen, ob das Patientenmobil würdig ist, weiter finanziert zu werden."

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