Studie zu Arzneimitteln

Pharmaverband: Abhängigkeit von China gefährdet Medikamentenversorgung

Deutschland ist bei der Medikamntenversorgung überwiegend auf China angewiesen. Der Pharmaverband Pro Generika warnt vor einer starken Abhängigkeit – ein möglicher Lieferstopp könnte zu großen Lücken führen.

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Eine Frau hält verschiedene Tabletten in eine Kamera.

Bei über einem Drittel der Wirkstoffe ist der Anteil chinesischer Hersteller so hoch, dass die Versorgung bei einem Lieferstopp in Gefahr wäre. Besonders betroffen sind laut Studie Antibiotika sowie Diabetes- und Schmerzmittel.

© Robert Kneschke / Stock.adobe.com

Berlin. Antibiotika, Diabetesmedikamente, Schmerzmittel: Deutschland ist bei vielen Arzneien auf China angewiesen. Der Pharmaverband Pro Generika warnt in einer neuen Studie vor einer starken Abhängigkeit, die China als politisches Druckmittel einsetzen könne – ähnlich wie die Exportbeschränkungen bei Seltenen Erden im Zollstreit mit den USA.

Ein möglicher Lieferstopp von Wirkstoffen für Nachahmermedikamente würde große Lücken in die Arzneiversorgung in Deutschland reißen, heißt es in der Analyse. Dafür wurden 56 Wirkstoffe untersucht, die amtlich als versorgungsrelevant eingestuft sind, darunter Schmerzmittel, Antibiotika, Diabetes-Medikamente und biopharmazeutische Nachahmerprodukte. Ergebnis: Bei 20 der Wirkstoffe, also über einem Drittel, sei der Anteil chinesischer Hersteller so hoch, dass die Versorgung bei einem Lieferstopp in Gefahr wäre. Besonders betroffen seien Antibiotika sowie Diabetes- und Schmerzmittel.

Lieferungen aus China kaum ersetzbar

Chinesische Produzenten hätten in den vergangenen Jahren gezielt in Anlagen etwa für antibiotische Wirkstoffe investiert und sich zu zentralen Zulieferern weltweit entwickelt. Bei einem Ausfall stünden keine ausreichenden alternativen Bezugsquellen am Weltmarkt bereit, „ein kurzfristiger Ausbau eigener Kapazitäten ist technisch nicht möglich“.

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Die Autoren der Studie für Pro Generika kommen unter anderem vom Institut der deutschen Wirtschaft und dem European Union Institute for Security Studies. Der Verband vertritt die Interessen der Generika-Hersteller. Solche Nachahmerprodukte von Arzneien, deren Patentschutz abgelaufen ist, spielen wegen niedriger Preise eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem. Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika, fordert ein Einschreiten der Politik, um Abhängigkeiten zu verhindern. „Sie darf nicht zulassen, dass wir genau so enden wie beim russischen Gas.“

Hersteller beklagen Kostendruck

Die Knappheit bei Medikamenten wie Fiebersäfte oder Schmerzmittel wird immer wieder diskutiert. Pharmaverbände wie Pro Generika fordern seit Jahren weniger strikte Vorgaben von der Politik, die die Arzneipreise reguliert. Sie machen Kostendruck dafür verantwortlich, dass sich Hersteller in Deutschland etwa aus der Produktion von Fiebersäften oder Penicillin zurückgezogen haben.

Exportstopps von Generika seien denkbar, schreiben die Studienautoren. Öffentliche chinesische Dokumente wie Fünfjahrespläne zeigten, dass Peking Exportbeschränkungen als Druckmittel diskutiere. Der Verband zieht Parallelen zu Ausfuhrkontrollen bei Seltenen Erden, die China im Zollstreit mit den USA einsetze.

Zwar habe Europa einen Vorsprung bei innovativen Arzneimitteln wie Biopharmazeutika. Doch China hole auf, warnt Pro Generika. Das Land sei auf bestem Weg, globaler Innovationsmotor in der Arznei-Entwicklung zu werden. Deutschland müsse seine Produktionsstandorte sichern, Lieferketten breiter aufstellen und Innovationen fördern. (dpa)

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