Physiotherapeuten in NRW und Berlin legen autonom Therapie fest

KÖLN (iss). In Nordrhein-Westfalen und Berlin können Physiotherapeuten jetzt unabhängig von ärztlichen Vorgaben die Therapie festlegen.

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In insgesamt 40 Praxen ist ein Modellprojekt der Krankenkasse BIG direkt gesund und des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten angelaufen.

Die Patienten kommen zwar weiter mit einer Heilmittelverordnung in die Praxen. Dort kann der Physiotherapeut aber aufgrund seiner Anamnese und Befunderhebung abweichend von der Verordnung über Auswahl, Dauer und Frequenz der Therapie entscheiden. Das Ärztenetzwerk orthonet-NRW hat den Modellversuch im Vorfeld heftig kritisiert.

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Kommentare
Anne C. Leber 31.01.201310:29 Uhr

Leserzuschrift von Dr. Margot Eggl

Nachdem ich nach einem Sturz vor einigen Jahren selbst zur Patientin wurde, weiß ich inzwischen, was Physiotherapie bedeutet und kann. Nach einer Therapeutenodyssee bin ich inzwischen mit vielen Methoden vertraut, die da außer Krankengymnastik und Massage z.B. lauten: manuelle Therapie, Chirotherapie, myofasziales release, Rolfing, Typaldos, um nur einige zu nennen. Alle haben sie ihre eigenen Schwerpunkte und Berechtigungen, die wir Ärzte niemals einschätzen können, da wir uns nie damit befaßten, und viele haben vielleicht mal das Wort Massage gehört, das sie unter die "Streicheleinheiten" sortieren.
Voraussetzung für eine gute Physiotherapie ist allerdingst eine umfangreiche Fortbildung des Therapeuten, er sollte Ahnung von funktionellen Muskelketten haben und etwas von Haltungs- und Bewegungsstörung verstehen. Dann bin ich dafür, daß die "Therapiehoheit" in die Hände dieser guten Physiotherapeuten gelegt wird. Diese sind übrigens so ausgebucht, daß man kaum Gefahr läuft, überflüssige Termine "aufgeschwatzt" zu bekommen.
Dr. med. Margot Eggl
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Homöopathie – Akupunktur
Dachau

Dr. Walther J. Kirschner 07.06.201112:38 Uhr

Physiotherapeuten als Quasi-Ärzte?

Natürlich nur rhetorische Frage - Antwort klar: Keinesfalls möglich.

Physiotherapeuten haben nicht Medizin studiert, ein medizinisches Staatsexamen abgelegt, eine ärztliche Approbation erhalten, gfs. zusätzlich eine Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie bzw. Orthopädie und Unfallchirurgie absolviert. Zudem verbietet die Gesetzeslage ärztliche Tätigkeiten durch Personen, die keine Ärzte sind und keine Approbation haben. - Die Sachlage ist klar.

Anderwaitige Begehrlichkeiten - etwa durch Physiotherapeuten und deren berufsständische Vertretungen, durch Bereiche der Administration/bestimmte Lobbies, durch sog. Kostenträger'', durch Politiker, durch sog. ''Patientenvertreter (i.d.R. selbsternannte, allenfalls z.T. mittelbar bestimmte - im Rahmen anderer institutioneller Interessen), durch andere nicht-ärztliche Vertreter - sind nicht relevant.

Sofern ärztliche Kollegen ( nur diese werden hier angesprochen!) etwaige Unklarheiten zum Thema haben sollten, so können gezielte ergänzende Fachinformationen z.B. bei der BÄK, der KBV od. den ärztl. Berufsverbänden abgefragt werden.

Diskussionen ärztlicher Inhalte außerhalb ärztlicher Kompetenz (derzeitiger öffentlicher ''Diskurs'')sind allerdings entschieden abzulehnen. Dies liegt allein schon in der Sachlage begründet: erforderliche fachbezogene Expertise.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. W. Kirschner
FA f. Orthopädie et al.

Norbert Meyer 07.06.201108:33 Uhr

langjährige gängiger Praxisalltag

Der Heilmittelkatalog ist eine Bevormundung Gängelung für uns Physiotherapeuten er beschneidet das Geschehen vor Ort. In einem guten Vertrauensverhältnis = Strategische Partnerschaft hatten sich meine Ärzte bis 1989 darauf verlassen, wenn ich als Physiotherapeut nicht fortlaufend eingreife und steuere bleibt das Ziel auf der Strecke, wir sitzen im gleichen Boot, solange der Arzt mich als Mitbewerber und Konkurenz betrachtet kommen wir nicht voran in der Verordnungsweise.Wir machen fortlaufend einen Spagat in der Praxis, die Ärzteschaft ist noch empfindsam verletzt, der Patient verunsichert und ich verbrenne mir den Mund, als Bezugstherapeut!
Hinweis s.h."europäische Leitlinien"

Dr. Thomas Georg Schätzler 06.06.201118:04 Uhr

Nach oben offene "Physiotherapieskala" ?

Das Ergebnis dieses "Modellprojektes" der Krankenkasse BIG kann man mit Fug und Recht stimmig vorhersagen: Wenn abweichend von der ärztlichen Verordnung über Auswahl, Dauer und Frequenz autonom vom Physiotherapeuten in einer nach oben offenen "Therapieskala" entschieden wird, kann die Zufriedenheit der Patienten/-innen nur hochsignifikant besser sein.

Denn das Standardverfahren der Heilmittelverordnungen mit Vordruckmuster 13 und aufwändigen, detaillierten ärztlichen Angaben führt zu frustrierten Ärzten, Patienten und Physiotherapeuten. Und dann wird, wie in Bremen staatsanwaltlich ermittelt, Krankengymnastik 2:1 in Osteopathie-Behandlung umgerechnet. Vgl.:

http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/praxisfuehrung/article/657103/lob-kritik-physiotherapeutin.html?sh=1&h=-122667460#comment

Die Frage bleibt: Wofür brauchen wir dann noch Anamnese, Untersuchung, Diagnose, Beratung und Heilmittelverordnungen, wenn das eh'' Alles egal ist?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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