Zukunftsbranche Gesundheit

Praxisgebühr? In Finnland längst akzeptiert!

Viele Gesundheitspolitiker fordern derzeit die Abschaffung der Praxisgebühr, weil die Kassen im Geld schwimmen. In Finnland ist die Selbstbeteiligung bei Arztbesuchen längst eine feste Größe.

Von Uwe K. Preusker Veröffentlicht:

Geld, das vom Staat gehortet wird, heißt in Deutschland "Juliusturm". Der Begriff geht auf den Turm der Zitadelle in Berlin-Spandau zurück, in dem seit 1871 der Reichsschatz aufbewahrt wurde.

Und gleich zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland gab es einen vom damaligen Finanzminister Fritz Schäffer aus Haushaltsüberschüssen zusammengesparten "Juliusturm" in Höhe von acht Milliarden DM - nach heutigem Wert wohl rund 35 Milliarden Euro.

Die aktuellen kumulierten Überschüsse des Gesundheitsfonds und der gesetzlichen Krankenkassen reichen zwar nicht ganz an diese Summe heran - doch mit 20 Milliarden Euro sind sie groß genug, um erhebliche Begehrlichkeiten zu wecken.

Höhere Selbstbeteiligung in finnischen Kommunen

Ob Kliniken, Politiker oder andere Akteure - das Geld muss nach Meinung vieler weg! Entweder als Ausgleich für steigende Löhne und Gehälter, als Rückzahlung der Überschuss-Kassen an Versicherte, als Beitragssenkung oder für die Abschaffung der ungeliebten Praxisgebühr!

Aus nordeuropäischer Perspektive ist dieser Vorgang in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. So erheben zum Beispiel in Finnland die Kommunen, die sowohl für die Finanzierung der Gesundheitsversorgung als auch die Leistungserbringung zuständig sind, von ihren Bürgern eine deutlich höhere Selbstbeteiligung, die darüber hinaus auch noch Jahr für Jahr an die Inflationsentwicklung angepasst wird.

Der Besuch beim Hausarzt in einem der kommunalen Gesundheitszentren kostet dort in diesem Jahr 13,80 Euro für maximal drei Besuche. Alternativ kann der Bürger beim ersten Besuch im Jahr selbst entscheiden, ob er stattdessen einmalig 27,50 Euro zahlt und damit die finnische Praxisgebühr für das gesamte Jahr abgelöst hat.

Konsultiert man das Gesundheitszentrum abends, nachts oder am Wochenende, muss man davon unabhängig allerdings weitere 17,50 Euro bezahlen. Zusätzlich kostet der Besuch beim Facharzt aktuell nochmals 27,50 Euro, ebenfalls für maximal drei Besuche pro Jahr.

Wer nicht zahlen kann, wird ans Sozialamt verwiesen

Die maximale Selbstbeteiligung beläuft sich auf 636 Euro pro Jahr; außerdem existiert für Arzneimittel eine gesonderte Regelung mit einer Jahres-Obergrenze von aktuell 700 Euro.

Diese Selbstbeteiligung ist - ebenso wie die jährliche Anpassung der Summen an die Inflation - nicht Gegenstand öffentlicher Diskussion. Wer die Selbstbeteiligung nicht bezahlen kann, wird an das Sozialamt verwiesen, wo sich der Betroffene dann das Geld zurückholen kann - gegen Nachweis der Bedürftigkeit.

Die Begründung ist einfach: Man will eine steuernde Wirkung der Selbstbeteiligung nicht durch Befreiungen im Gesundheitssystem aufheben.

Echte Überschüsse? Die gibt es nur in Norwegen! Denn dort thesauriert man seit vielen Jahren Geld aus der staatlichen Ölförderung. Doch diese Schätze sind reserviert - für die Zeit, wenn Norwegen aus dem Öl keine oder deutlich weniger Einnahmen erzielt, aber die Sozial- und Gesundheitsausgaben weiter steigen.

Gegen Begehrlichkeiten schützt dieses Geld eine überparteiliche, ja gesellschaftliche Übereinkunft über die zukünftige Zweckbestimmung des Geldes.

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