Psychiatrie in Hamburg: Mehr Betten, viel Kritik
Die Hansestadt Hamburg verfügt im Bundesvergleich über die meisten Psychiatriebetten je Einwohner - und stockt erneut auf. Heftig in der Kritik steht aber weiter die Organisation der Behandlung.
Veröffentlicht:HAMBURG. Warten auf ein Erstgespräch und auf einen ambulanten Therapieplatz - das ist Alltag für Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen in Hamburg.
Weil dies ausgerechnet in der Stadt mit den meisten Psychiatriebetten je Einwohner Realität ist, verknüpfte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks eine weitere Erhöhung der Planbetten mit einer klaren Botschaft an alle Leistungserbringer.
Defizite sollen abgestellt werden
Defizite wie eine unzureichende Organisation des Patientenzugangs zur Behandlung, mangelnde Vernetzung von Ärzten und Psychotherapeuten mit Krankenhäusern und ergänzenden Hilfsangeboten oder nicht passende Therapiekonzepte sollen in Zukunft abgestellt werden.
Der Vergleich mit Betten je Einwohner hinkt allerdings: Hamburg versorgt auch viele Patienten aus den angrenzenden Flächenstaaten Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Zusätzliche Betten in sechs Hamburger Kliniken
Mit dem Letztentscheid der Gesundheitsbehörde, der wegen eines Streits zwischen Kliniken und Krankenkassen notwendig geworden war, verfügte Prüfer-Storcks eine maßvollere Aufstockung der Betten als von den Krankenhäusern zunächst gefordert.
Sechs Hamburger Kliniken können nun mit 52 zusätzlichen vollstationären Betten und 30 zusätzlichen teilstationären Behandlungsplätzen arbeiten.
1402 vollstationäre Betten in der Hansestadt
Damit stehen für die Psychiatrie in der Hansestadt 1402 vollstationäre Betten und 460 teilstationäre Behandlungsplätze und in der Psychosomatik 162 vollstationäre Betten und 70 teilstationäre Behandlungsplätze zur Verfügung - obwohl Prüfer-Storcks auch sagt: "Psychisch kranke Menschen brauchen nicht mehr Krankenhausbetten, sondern bessere ambulante Versorgungsmodelle und einen schnelleren Zugang zur Therapie."
Von den Kliniken forderte sie in diesem Zusammenhang "Innovationskraft", um die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten zu suchen. Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg begrüßte unterdessen die Entscheidung der Hamburger Behörde.
Behandlungsmöglichkeiten sollten flexibler sein
KV-Vize Walter Plassmann sprach sich für eine Flexibilisierung der Behandlungsmöglichkeiten aus, zum einen, um eine schnellere Erstintervention zu ermöglichen und zum anderen, um in Zukunft leichtere Fälle frühzeitig von schweren zu trennen.
Die dafür erforderliche Reform müsse allerdings ohne Scheuklappen geführt werden. "Es muss allen klar sein, dass der Aufbau der Strukturen Geld kostet", sagte Plassmann.