Der Gesundheitsminister sieht im Arzneimittelmarkt- Neuordnungsgesetz sein vorläufiges Meisterstück.

In der Stunde des Triumphs ist für Gesundheitsminister Philipp Rösler Bescheidenheit nicht angezeigt. Drei Ziele habe das Arzeimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG), dozierte Rösler bei der Verabschiedung des Gesetzes im November im Bundestag: Es solle die Pharmaindustrie zur Konsolidierung der Kassenfinanzen heranziehen, ein neues Preisfindungsverfahren für neue Medikamente etablieren und den Zugang der Patienten zu neuen Wirkstoffen sichern. "Wenn Sie sich den Gesetzentwurf ansehen, dann können Sie feststellen, dass alle drei Ziele zu 100 Prozent erreicht worden sind."

Tatsächlich bedeutet das AMNOG in der Arzneimittelpolitik eine Zäsur. Zum ersten Mal wird die Preisgestaltung für neue, innovative Präparate während der gesamten Patentlaufzeit langfristig in Deutschland nicht mehr frei sein, sondern soll ein staatlich stark reglementiertes Verhandlungsverfahren durchlaufen. Im Kern wird Arzneimittelherstellern auferlegt, binnen eines Jahres nach der Markteinführung einen Erstattungspreis als Rabatt auf den ursprünglichen Abgabepreis zu vereinbaren. Einziger zugelassener Verhandlungspartner ist der Spitzenverband der Kassen.

"Mogelpackung!", hieß es von der linken Seite

Bis es dazu überhaupt kommt, muss jedes neue Arzneimittel die frühe Nutzenbewertung durchlaufen. Dabei prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) auf Basis eines vom Hersteller eingereichten Dossiers, ob das Präparat gegenüber der zweckmäßigen Standardtherapie einen Zusatznutzen aufweist. Für die konkrete Bewertung, die spätestens nach drei Monaten vorliegen muss, kann der Bundesausschuss das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragen.

Die Opposition im Bundestag hat Rösler nicht viel entgegenzusetzen. "Mogelpackung", "Lobbyismus", lauteten die Schlagworte des gesundheitspolitischen Sprechers der SPD, Dr. Karl Lauterbach. Im Kern forderte die SPD das, was sie schon immer gefordert, aber nie umgesetzt hat: eine Positivliste. Kalt erwischt worden vom AMNOG ist vor allem die pharmazeutische Industrie, die sich von einer schwarz-gelben Regierung strukturelle Reformen und weniger Kostendämpfung versprochen hatte. Doch das AMNOG enthält diese Zwangsinstrumente aus den Zeiten von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in Hülle und Fülle. Im Koalitionsvertrag war noch ein Abbau der Überregulierung versprochen worden: "Der Arzneimittelmarkt wird unter patienten-, mittelstandsfreundlichen und wettbewerblichen Kriterien effizient neu geordnet."

Doch als das AMNOG verabschiedet war, stand fest, dass die Pharmaindustrie allein im Jahr 2011 mit rund 2,2 Milliarden Euro zur Kasse gebeten wird. Rabatte für innovative Arzneimittel sollen ab 2012 nochmals zwei Milliarden jährlich sparen. Wie sagte der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer im Bundestag: "Wer diese Zahlen als schlagenden Beweis für ein Einknicken gegenüber der Pharmaindustrie anführen will, leidet an Gehirnschwurbel." (fst)

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