Aktionstag

Schmerzversorgung bereitet Schmerzen

Fast jeder dritte Bundesbürger hat chronische Schmerzen - doch für die Betroffenen wird vielerorts zu wenig getan, bemängeln Experten. Ihre Lösung: Ärzte, Patient, Therapeuten, Pfleger und Apotheker müssen besser zusammenarbeiten.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Schmerz lass nach.

Schmerz lass nach.

© drubig-photo / fotolia.com

BERLIN. Bis zu 28 Millionen Menschen in Deutschland leiden an chronischen Schmerzen, sechs bis acht Millionen sind dadurch dauerhaft beeinträchtigt.

Doch von einer flächendeckenden, adäquaten Versorgung dieser Patienten ist Deutschland weit entfernt. Die Deutsche Schmerzgesellschaft (DSG) fordert deshalb, dass die Politik dem Thema "Schmerz" Top-Priorität einräumt.

Wie bei den Allgemeinmedizinern gebe es auch in der Schmerztherapie in Ballungszentren meist eine sehr gute Versorgung, in vielen anderen Gebieten sei der hohe Bedarf aber nicht gedeckt, so DSG-Präsident Professor Michael Schäfer am Aktionstag am 2. Juni gegen den Schmerz in Berlin.

Die DSG erarbeitet nun einen Schmerzatlas, der für 800 Regionen Bedarf und Angebot der Schmerzversorgung darstellt.

"Wir denken, dass das in gewissen Regionen katastrophal ist", sagte Schäfer. Er fordert: "Wir müssen auch in der Schmerzversorgung wie in der Palliativmedizin darauf hinarbeiten, dass eine flächendeckende Versorgung gewährleistet ist."

Kooperation für wirksame Schmerztherapie

Anschub für die nötige interdisziplinäre Schmerzdiagnostik erhofft sich die DSG von dem geplanten Zweitmeinungsverfahren.

"Jeder Facharzt, der diese Patienten alleine behandeln will, scheitert mit seiner Therapie. Das ist nachgewiesen. Nur ein Verbund von verschiedenen Disziplinen führt dazu, dass diesen Patienten wirklich geholfen werden kann", sagte Schäfer.

Vor allem für Patienten mit unspezifischem Rückenschmerz mache das Zweitmeinungsverfahren Sinn. Bei einer wirksamen Schmerztherapie müssten Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten, Pflegefachkräfte, Apotheker und der Patient selbst zusammenarbeiten, forderte Schäfer.

In der Praxis treffen solche Kooperationen aber auf viele Hürden. In der ambulanten Medizin sieht die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie, Dr. Regine Klinger, Strukturmängel, die Kooperationen behindern.

Vor allem müssten Abrechnungsmöglichkeiten für Kooperationen geschaffen werden. "Das würde mit wenig Mitteln einen großen Schritt nach vorne geben", sagte sie.

"Schlicht Zeitmangel" nennt Franz Wagner, Vizepräsident des Deutschen Pflegerates, als Ursache für die fehlende Zusammenarbeit. Es sei "erwiesen, dass Schmerzpatienten schlechter versorgt sind, wenn es zu wenig Personal gibt", sagte Wagner.

Apotheker und Ärzte haben nach Angaben von Dr. Rainer Bienfait, Vize des Deutschen Apothekerverbands (DAV), mit gemeinsamen schmerztherapeutischen Fortbildungen einen ersten Schritt zu mehr Zusammenarbeit gemacht.

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