Schwieriger Spagat zwischen Spitzenforschung und Lehre

Mehr Freiheiten für Hochschulkliniken fordert der Vorsitzende des Verbandes der Uniklinika. Kooperationen mit privaten Betreibern müssten möglich sein -  die Lehre dürfe aber nicht auf der Strecke bleiben.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Mehr Freiheiten bei Kooperationen wollen die Unikliniken.

Mehr Freiheiten bei Kooperationen wollen die Unikliniken.

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KÖLN. Um sich für die Zukunft rüsten zu können, brauchen die Universitätskliniken Spielräume innerhalb der Universitäten und Kooperationsfreiheiten auch außerhalb der Hochschulen. Davon geht Professor Jörg Rüdiger Siewert aus, Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika. "Universitätskliniken und medizinische Fakultäten unter dem Dach der Universität brauchen Gestaltungsfreiheiten, damit sie den medizinischen Fortschritt sichern können", sagte Siewert bei der 5. Kölner Ringvorlesung Gesundheitsökonomie des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universitätsklinik Köln.

Für notwendig hält er etwa die Schaffung von Forschungsverbünden, sowohl mit anderen Fakultäten der Universität wie den Life Sciences als auch mit den Großforschungseinrichtungen des Bundes. "Kliniknahe Forschung braucht Patienten", sagte Siewert.

Für Großforschungseinrichtungen, die sich mit kliniknahen Themen wie Onkologie, Demenz, Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen befassen, sei die Kooperation mit Kliniken wichtig. "Wir müssen mit den Großforschungseinrichtungen unbedingt zu Kooperationsverträgen kommen, damit sie ihren Bedarf in den Universitätskliniken decken und nicht anderswo im Markt."

Allianzen mit privaten Betreibern könnten helfen

Auch strategische Allianzen mit privaten Klinikbetreibern hält Siewert -Leitender Ärztlicher Direktor der Heidelberger Uniklinik - für sinnvoll. Sie brächten beiden Seiten Vorteile: So könnten die Privaten durch die Kooperation mit einem universitären Haus ihr Image verbessern und die Weiterbildungsangebote für Ärzte ausbauen.

Zudem böten die Kliniken ihnen Zugang zum medizinischen Fortschritt und zum ärztlichen Nachwuchs. Die Universitätskliniken auf der anderen Seite erhielten auf diese Weise Zugang zum Kapitalmarkt und könnten vom gemeinsamen Einkauf profitieren. "Man kann gemeinsame Ziele formulieren und Institute gründen", sagte Siewert.

Darüber hinaus hält er auch weitere strategische Partnerschaften für möglich, etwa mit der Pharma- und medizintechnischen Industrie oder mit Versicherungen und Krankenkassen.

Nachwuchs als wichtige Stellschraube für Kliniken

Dem Kampf gegen den Nachwuchsmangel schreibt Siewert einen hohen Stellenwert zu. "Der Nachwuchs wird eine wichtige Stellschraube für die Existenz von Universitätskliniken werden", prognostizierte er. Dort gebe es Probleme bei Studenten, Ärzten und Pflegern.

Nicht aus den Augen verlieren dürften die Universitätsklinken dabei, dass ihre Kernaufgaben die studentische Lehre und die Sicherung des medizinischen Forstschritts sind. Der insbesondere von Beratungsunternehmen propagierte zweite Gesundheitsmarkt und der Wellness-Sektor könnten für die Häuser ebenso wenig im Fokus stehen wie die Ausrichtung auf lukrative Patienten und Krankheitsbilder oder die Erzielung hoher Renditen. "Das kann alles auch gehen, kann aber nicht das primäre Ziel sein", betonte Siewert.

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