Nadelstiche und Dicke Berta

So bedrohlich ist die Regresspolitik der Kassen

Die Kassen haben die Zahl der Prüfanträge 2015 - meist wegen Bagatellen - vervielfacht. Eine neue Risikodimension entsteht durch Anträge, die auf der frühen Nutzenbewertung basieren. Hier das Beispiel KV Hessen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Innovationen verordnen? Krankenkassen beginnen nun, die Wirtschaftlichkeit anzuzweifeln.

Innovationen verordnen? Krankenkassen beginnen nun, die Wirtschaftlichkeit anzuzweifeln.

© Kzenon/Fotolia.com

FRANKFURT. Nachdem die Richtgrößenprüfung praktisch tot ist - 2013 wurden beispielsweise in Hessen keine Regresse mehr exekutiert -, haben die Kassen eine neue Strategie entwickelt: Prüfanträge, die auf Verstößen gegen die Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses verstoßen.

Bemerkenswert ist einerseits die Dynamik: Waren 2013/2014 pro Quartal im Schnitt etwa 200 Regressanträge gestellt worden, so schnellte deren Zahl auf 500 im zweiten Quartal 2015 und auf 1050 im dritten Quartal 2015 hoch.

"Meist ist dagegen nichts zu machen - aber bei Regresssummen von meist weniger als 200 Euro und in seltenen Fällen mehr als 750 Euro ist das wirtschaftlich nicht bedrohlich", kommentiert Dr. Wolfgang LangHeinrich, Vorstandsberater der KV Hessen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, die Regressinflation.

Eine ganz andere Risikoqualität erreichen Regressanträge, die auf den Ergebnissen der frühen Nutzenbewertung beruhen, die ebenfalls Inhalt der Arzneimittelrichtlinien sind.

Beispiel Dimethylfumarat (Tecfidera®) bei Multipler Sklerose. Der GBA hat keinen Zusatznutzen zu Vergleichstherapien anerkannt. Der vom Prüfantrag betroffene Arzt hatte Tecfidera® gleich nach Markteinführung - erfolgreich - eingesetzt, und zwar zu einem Zeitpunkt, als über den Zusatznutzen noch nicht entschieden war. Gleichwohl fordert die Kasse einen fünfstelligen Betrag. Dagegen werde auch die KV einschreiten, so LangHeinrich.

Beispiel Sofosbuvir (Sovaldi®): Acht Regressanträge wurden allein im dritten Quartal 2015 gestellt. Die Regresssummen erreichen je Arzt bis zu 110.000 Euro laut LangHeinrich. Begründet werde dies mit Verordnungen in Subgruppen, für die der GBA keinen Zusatznutzen als nachgewiesen angesehen hat.

Das Problem: Mangels statistischer Signifikanz und nicht wegen Erfolglosigkeit, wurde der Zusatznutzen in dieser gerade mit fünf Probanden besetzten Subpopuplation (Genotyp III) nicht anerkannt. Und: Die Kassen anerkennen nicht, dass der Mischpreis generell als wirtschaftlich angesehen wird. Landes- und Bundesgesundheitsministerium äußerten sich nicht. Seite 2 und 4

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