Bürgerversicherungs-Debatte
"Spielregeln ändern – nicht ohne Schmerzen!"
Beim Jahresempfang der KV Westfalen-Lippe stellt KV-Chef Dryden die Bürgerversicherung in den Mittelpunkt seiner Rede. Das bisherige umfassende Leistungsversprechen müsse auf den Prüfstand kommen.
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Fragt nach den Auswirkungen einer Systemreform auf die Körperschaften und die Selbstverwaltung: KV-Chef Dr. Wolfgang-Axel Dryden.
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DORTMUND. Bei der Debatte über die Einführung einer Bürgerversicherung sollte nicht vergessen werden, dass es um viel mehr geht als die Umstellung auf ein neues Finanzierungssystem, fordert Dr. Wolfgang-Axel Dryden. "Wenn man es ernst meint, müssen auch die Spielregeln im Gesundheitswesen neu definiert werden", sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVLW) auf dem Jahresempfang der KVWL in Dortmund. "Das wird jedoch nicht ohne Schmerzen vonstattengehen."
Dryden verwies auf die Niederlande, die eine Form der Bürgerversicherung eingeführt haben. Mit der Privatisierung seien den Krankenkassen dort ein Kontrahierungszwang und ein klar und eng umrissener Pflichtleistungskatalog auferlegt worden. "Wie würden die Deutschen mit einem Katalog umgehen, der nicht die Ansprüche deckt, die sie heute haben?", fragte er in den Saal.
Zudem gebe es im Nachbarland ein Steuerungssystem durch den Hausarzt als Primärarzt. Eine solche Steuerung scheue die Politik in Deutschland wie der Teufel das Weihwasser, betonte Dryden. "Aber man wird unser Gesundheitswesen nicht nachhaltig reformieren können, ohne das bisherige umfassende Leistungsversprechen zu überdenken."
Schwedische Schwestern-Triage
Regulierung, Priorisierung, staatliche Subvention, stärkere Steuerfinanzierung sind für den KVWL-Chef Themen, die in allen Gesundheitssystemen eine Rolle spielen, die dem Modell der Bürgerversicherung ähnlich sind.
Er nannte auch das Beispiel Schweden, wo es vor der Behandlung durch einen Arzt eine Triage durch eine ausgebildete Krankenschwester gibt. In Schweden werde das System der Behandlung nach Dringlichkeit – seiner Meinung nach zu Recht – als gerecht empfunden. In Deutschland hält er ein solches Modell dagegen nur für schwer vorstellbar.
Konsequenz und Transparenz
Eine wichtige Frage ist für Dryden auch, ob und wie eine Bürgerversicherung Auswirkungen auf die Körperschaften und gemeinsame Selbstverwaltung hat.
Wer wäre künftig für Bereiche wie die Sicherstellung, die Gewährleistung und die Bedarfsplanung zuständig? Die eigenverantwortliche Regelung solcher Bereiche durch die beteiligten Akteure spiele in anderen Ländern keine Rolle. "Ich persönlich möchte dieses System in Deutschland erhalten."
Wenn es in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin gibt, betonte er, dann zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung. "Das System der Qualitätssicherung gibt es in dieser Konsequenz und Transparenz in der PKV nirgendwo."