Hintergrund

Tausende in Libyen auf der Flucht - es fehlt fast alles

Libyen im Ausnahmezustand: Nichts wie raus aus diesem Land - das ist die Devise für viele tausend Flüchtlinge. In Zeltlagern an der libysch-ägyptischen oder libysch-tunesischen Grenze finden sie Unterschlupf. Hilfsorganisationen auch aus Deutschland sind im Dauereinsatz.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Geschafft: Flüchtlinge auf der tunesischen Seite der Grenze sitzen auf engstem Raum - überwacht von Polizisten.

Geschafft: Flüchtlinge auf der tunesischen Seite der Grenze sitzen auf engstem Raum - überwacht von Polizisten.

© Henning Otte/ dpa

Die Krise in Libyen und an dessen Landesgrenzen spitzt sich weiter zu. Jeden Tag werden neue Tote und Verletzte gemeldet, Hunderttausende Menschen sind wegen der anhaltenden Kämpfe auf der Flucht. Internationale Hilfsorganisationen versuchen die Not der Opfer zu lindern, doch viele Gebiete sind nicht zugänglich.

Die meisten Flüchtlinge sind afrikanische Migranten. Von den 2,5 Millionen Gastarbeitern Libyens haben bereits 170 000 das Land verlassen, meldet Caritas International. Sie sind in großen Zeltlagern an der libysch-ägyptischen oder libysch-tunesischen Grenze gestrandet. Hinzu kommen noch Zehntausende von Libyern, meist Frauen und Kinder, die vor den Kämpfen zwischen den Rebellen und den regimetreuen Truppen fliehen.

Laut UN sind seit Beginn des Volksaufstands Mitte Februar eine Viertel Million Menschen auf der Flucht. 137 400 seien nach Tunesien geflohen, 107 500 nach Ägypten, 5400 nach Algerien und 2200 in den Niger.

"Die Lage ist ruhig", berichtet Caritas-Mitarbeiter Jason Belanger aus der ägyptischen Grenzstadt Salloum, "obwohl die Missstände für die Migranten groß sind.

Es fehlen Toiletten, Wasser, Lebensmittel, und die Menschen müssen im Freien auf der Straße schlafen." Dank der überwältigenden Solidarität der tunesischen und ägyptischen Bevölkerung sei die Versorgungslage für die Flüchtlinge noch vergleichsweise gut. Vielerorts sicherten die Vereinten Nationen, internationale Organisationen sowie das Militär die Basisversorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser.

Caritas international hat gemeinsam mit der Diakonie Katastrophenhilfe 70 000 Euro Soforthilfe für die Flüchtlinge aus Libyen bereitgestellt. Noch immer überquerten täglich Tausende von Menschen die Grenzen zu Ägypten und Tunesien.

Viele Flüchtlinge würden unterwegs ausgeraubt und verlören ihre Papiere, berichten Mitarbeiter der Caritas. Sie benötigten Unterstützung bei der Ausstellung von Anträgen bei Behörden, damit sie in ihre Heimatländer weiterreisen können.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat bislang 22 Tonnen medizinische Hilfsgüter nach Bengasi geliefert, darunter Medikamente, chirurgische Utensilien, Verbände und Material zur Behandlung von Verbrennungen. Elf weitere Tonnen seien inzwischen auf dem Weg. Die medizinischen Hilfsgüter werden in der zentralen Apotheke von Bengasi gelagert und von dort in Gebiete geliefert, in denen es aufgrund der andauernden Kämpfe zu Engpässen kommt.

Teams von Ärzte ohne Grenzen haben auch in Aschdabija und Brega Hilfe geleistet. Ras Lanuf und die Gebiete weiter im Westen seien wegen der schlechten Sicherheitslage derzeit nicht zu erreichen. In den Flüchtlingscamps an den Grenzen nähmen speziell geschulte Mitarbeiter die von Gewalt traumatisierten Migranten in therapeutische Programme auf.

Das deutsche Medikamentenhilfswerk action medeor hat gemeinsam mit seinem Partner Islamic Relief ein Emergency Health Kit in das Krisengebiet gesandt. Darin sind Medikamente, Verbandsmaterial, Antibiotika, Infusionen und chirurgischen Instrumente enthalten. Mit der Hilfslieferung können etwa 10 000 Menschen drei Monate lange medizinisch versorgt werden.

Ein Transport von chirurgischem Verbrauchsmaterial und Medikamenten in Krankenhäuser der libyschen Städte Bengasi und Tobruk werde zurzeit geprüft, teilte action medeor mit.

Die Entwicklungshilfeorganisation medico international berichtet über das Leid der malischen Gastarbeiter in Libyen. Viele von ihnen würden von den Rebellen für "schwarze Söldner" des Gaddafi-Regimes gehalten und müssten um ihr Leben fürchten. Tausende harrten in Camps an der libysch-tunesischen Grenze auf ihre Ausreise, andere versteckten sich in Libyen aus Angst vor Repressalien. Auch Gastarbeiter aus Eritrea, Somalia, Sudan, Gambia, Burkina Faso, Ghana, Tschad und Senegal sind betroffen.

Medico international und Pro Asyl haben eine E-Mail-Aktion gestartet, in der sie Bundeskanzlerin Angela Merkel auffordern, sich für die Aufnahme von aus Libyen geretteten Flüchtlingen in Deutschland und in anderen Ländern der EU einzusetzen.

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