KBV-Vertreterversammlung

Telematik-Infrastruktur bleibt wichtige Baustelle

Die künftige Gesundheitspolitik ist bestimmendes Thema der KBV-Vertreterversammlung. Zentrale Forderungen: der konsequente Ausbau der Rufnummer 116.117 und Telematik-Nachverhandlungen.

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Baustelle Gesundheitswesen: Zu den Themen die laut KBV dringend angegangen werden müssen, gehören der Ausbau der Telematikinfrastruktur sowie der bundeseinheitlichen Notfallrufnummer 116 117.

Baustelle Gesundheitswesen: Zu den Themen die laut KBV dringend angegangen werden müssen, gehören der Ausbau der Telematikinfrastruktur sowie der bundeseinheitlichen Notfallrufnummer 116 117.

© Thomas Söllner / stock.adobe.com

BERLIN. Am Freitag ist die Vertreterversammlung der KBV zu ihrer ersten Sitzung in diesem Jahr in Berlin zusammengekommen. Im Mittelpunkt steht der Entwurf des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD.

"Wir hoffen, dass jetzt die Regierungsbildung sehr schnell vonstattengeht, damit wir dann in den drängenden Fragen wirklich auch Dialogpartner bekommen", sagte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister bereits im Vorfeld der Vertreterversammlung (VV).

Statt eine Geisterdebatte über den "kranken Mann Gesundheitswesen zu führen" forderte er bei der Versammlung, sich auf echte Themen zu konzentrieren, die angegangen werden müssten. "Eines der neuralgischen Themen dieser Tage ist die ungezügelte Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, die durch den ärztlichen Bereitschaftsdienst abgefedert werden muss.", äußerte Hofmeister.

Mehr Portalpraxen nötig

Eine griffige Lösung sieht er in der bundeseinheitlichen Rufnummer 116117 in Kombination mit einer Bereitschafts- und Notfall-App, der Website www.116117info.de und der Bundesarztsuche-App. Mit einem technisch einwandfrei funktionierenden Angebot seitens der Selbstverwaltung könne auch einem möglichen politischen Aktionismus vorgegriffen werden. Zudem hält Hofmeister den weiteren Ausbau des Bereitschaftsdienstangebots und von Portalpraxen für nötig.

Baustelle Nummer 2 ist der schleppende Ausbau der Telematikinfrastruktur. KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel mahnte, die Ärzte dürften nicht den Schaden haben, wenn die Telematik-Infrastruktur nicht fristgerecht und kostenneutral in den Praxen aufgebaut werden kann.

Preis- und Sanktionsrisiko für Ärzte mindern

Nach wie vor gebe es faktisch nur Konnektoren einer einzigen Firma. Und nach bisherigen Informationen werde auch im dritten Quartal 2018 voraussichtlich kein Angebot verfügbar sein, das die Refinanzierung der TI-Komponenten sichere.

Kriedel verwies auf zwei Risiken für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten: das Preisrisiko und das Sanktionsrisiko. Aus dieser Situation würde die KBV nun zweierlei Konsequenzen ziehen. Zum einen werde mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung nachverhandelt, um die aktuellen Marktpreise bei der Finanzierung der TI-Komponenten zu berücksichtigen. Zudem liefen bereits die Nachverhandlungen für Kartenterminals, wenn eine Praxis Zweit- oder Drittgeräte benötige.

Zum anderen werde die KBV auf die Politik zugehen, um eine Fristverlängerung um ein weiteres halbes Jahr bis Mitte 2019 zu erwirken.

"E-Akte braucht noch weitere Komponenten"

Bezüglich der Einführung einer elektronischen Patientenakte sagte Kriedel, dass die gesetzlich vorgesehenen Komponenten wie Arztbriefe, Notfalldaten und Medikationsplan nicht ausreichend seien: "Wir wollen zusätzlich den elektronischen Impfpass, eine Integration von Pflegeakten sowie einen Bereich für Akteninhalte, in dem Informationen über hochsensible Diagnosen enthalten sind, beispielsweise bei psychischen Erkrankungen."

KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen prangerte auf der Sitzung erneut die Budgetierung im ambulanten Bereich an. Er kritisierte scharf, dass führende Gesundheitspolitiker im Zuge der Koalitionsverhandlungen behauptet hätten, schwer kranke Kassenpatienten würden nicht ordentlich behandelt. Der erste und wichtigste Schritt sei, die ärztlichen Grundleistungen aus der Quotierung herauszunehmen.

Mindestsprechzeiten in der Kritik

Ebenso in der Kritik steht die geplante Anhebung der Mindestsprechstundenzeit von 20 auf 25 Wochen. "Es ist lächerlich, bei 10 bis 20 Prozent der Leistungen, die der Budgetierung unterliegen, zu fordern, dass die Ärzte noch mehr Leistungen anbieten sollen", so Gassen. Bei schon jetzt im Schnitt 52 Stunden Wochenarbeitszeit pro Vertragsarzt stelle sich außerdem die Frage, wo die zusätzlichen fünf Stunden herzunehmen seien. Ansonsten wolle er den Koalitionsvertrag nicht kommentieren, bis die avisierte Große Koalition tatsächlich stehe.

Am Sonntag wird mit der Bekanntgabe des Ergebnisses des SPD-Mitgliedervotums gerechnet. (run)

Lesen Sie dazu auch: Neue Telematikinfrastruktur: Das sind die Erfahrungen der Testpraxen

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