Ungewöhnlicher Schritt geplant
Unruhe im MEDI-Verbund: Vorstand will zwei Hausärzte rauswerfen
Bereits im Frühjahr brach im MEDI Baden-Württemberg Hektik aus, nachdem dort einem Geschäftsführer fristlos gekündigt wurde. Jetzt nimmt der Streit eine neue Wendung: Zwei Mitglieder sollen gehen – zwangsweise.
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          Sollen nach dem Willen des Vorstands MEDI Baden-Württemberg künftig nicht mehr angehören: Professor Wolfgang von Meißner (li.) und sein Bruder Dr. Paul Blickle.
© Ines Rudel
Stuttgart. Am 12. November könnte es im MEDI-Verbund zu einem ungewöhnlichen Schritt kommen: Ein Brüderpaar, die Hausärzte Professor Wolfgang von Meißner und Dr. Paul Blickle, sollen aus dem Verein MEDI Baden-Württemberg ausgeschlossen werden. Das geht aus der Einladung zur Landesdelegiertenversammlung hervor, die der Ärzte Zeitung vorliegt.
In einem dreiseitigen Schreiben von MEDI-Vorstandschef Dr. Norbert Smetak vom 22. Oktober werden massive Vorwürfe gegen die beiden Hausärzte erhoben, die in Baiersbronn (Nordschwarzwald) in der Großpraxis „Spritzenhaus“ arbeiten. Zugleich wird ihnen im Vorfeld des geplanten Ausschlussverfahrens „rechtliches Gehör“ gewährt.
Im Kern drehen sich die Vorwürfe um Vorgänge, die im Mai dieses Jahres zur Entlassung des für das MVZ-Geschäft zuständigen Geschäftsführers Wolfgang Fink geführt haben.
Dabei ging es insbesondere um das IT-Management und den Hosting-Vertrag für vier große MEDI-MVZ. Nach der Entlassung Finks wurde auch der Hosting-Vereinbarung gekündigt – in der Folge mussten vier große MEDI-MVZ wegen fehlender IT-Anbindung mehrere Wochen schließen.
Folgen für vier MVZ
Unruhe im MEDI-Verbund nach Entlassung eines Geschäftsführers
Der Vorgang habe zu „erheblicher Unruhe im Verein“ geführt, heißt es im Schreiben des MEDI-Vorstands an von Meißner. Das „öffentliche Ansehen“ von MEDI Baden-Württemberg sei geschädigt worden. Noch gravierender sind die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem IT-Support für die MEDI-MVZ. Dieser erfolgte über die Firma vMBF GmbH, an der von Meißner, sein Bruder Paul Blickle und Ex-Geschäftsführer Fink zu gleichen Teilen beteiligt waren.
„Nicht ausschließlich wirtschaftliche Bestrebungen“
Der Vorwurf der MEDI-Führung lautet, der IT-Dienstleister habe „vorsätzlich“ den Betrieb der vier MEDI-MVZ gestört. Zudem wird eine Abgrenzung vorgenommen: Der Betrieb der vMBF GmbH sei „offenkundig auf persönliche wirtschaftliche Vorteile“ der Inhaber ausgerichtet gewesen, heißt es.
Dagegen zeichne sich die MEDI-MVZ-Gruppe (Ärzte vor Ort – MEDI-MVZ GmbH) dadurch aus, dass „ausschließlich wirtschaftliche Bestrebungen“ dort nicht das „prägende Element“ seien. Zentrales Merkmal dieser Strategie sei vielmehr die „Sicherstellung der Gesundheitsversorgung durch die Ärzteschaft selbst“. Darum lehne MEDI auch „investorenbetriebene MVZ“ ab.
Von Meißner, so die Schlussfolgerung, habe der MVZ-Gruppe „aktiv geschädigt“. Ergänzt werden die Vorwürfe durch Vorhaltungen wie „unehrenhaftes Verhalten“, das zu einer „öffentlichen Diskreditierung“ des MEDI Verbunds geführt habe, die „groß schädigend“ sei. Der Brief Smetaks schließt mit den Worten: „Wir bedauern, dass es zu dieser Entwicklung kommen musste.“
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„Ich bin im Vorfeld der Delegiertenversammlung gefragt worden, ob ich aus dem MEDI Verbund austreten möchte. Ich wüsste nicht, warum. Ich habe dem Verein in keiner Form bewusst geschadet“, sagt von Meißner auf Anfrage der Ärzte Zeitung. In einem offenen Brief an den MEDI-Vorstand wirft der Hausarzt anlässlich seines geplanten Rauswurfs „ernste Fragen“ auf – „über den Umgang mit Mitgliedern, über Transparenz und über das Verständnis von Fairness und Demokratie im Verein“.
„Vertrauen in Vereinskultur wird untergraben“
Er beklagt, im vorliegenden Fall würden wirtschaftliche Streitigkeiten – die Causa um die IT-Firma ist noch Gegenstand zivil- und strafrechtlicher Auseinandersetzungen zwischen von Meißner und MEDI – „fälschlicherweise als vereinsinterne Pflichtverletzungen dargestellt“.
„Diese Vermischung von Vereins- und Unternehmensangelegenheiten ist sachlich falsch und rechtlich problematisch – und sie untergräbt das Vertrauen in eine faire, transparente und rechtsstaatliche Vereinskultur“, so der Vorwurf durch von Meißner in seinem offenen Brief. Der Ärzte Zeitung sagt der Hausarzt, er halte das geplante Vorgehen „nicht für demokratisch“ und auch „mit dem Recht eines eingetragenen Vereins nicht vereinbar“.
Rückzug nach zwei Jahrzehnten
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Von Meißner lässt allerdings erkennen, dass über die konkreten Streitanlässe hinaus die Bruchlinie zwischen ihm und dem MEDI-Vorstand noch größer ist. So bezeichnet er es im offenen Brief als „befremdlich“, dass „Mitglieder, die weiterhin den offenen Austausch mit dem MEDI-Gründer Dr. Werner Baumgärtner pflegen, dadurch offenbar in den Fokus geraten“.
Nur ein „Kulturwandel“ bei MEDI?
Anlässlich der Diskussionen nach dem Rauswurf von Geschäftsführer Fink hatte MEDI-Vorstand Smetak im Mai dieses Jahres einen „Kulturwandel“ im Verein diagnostiziert: „Wir wandeln uns von einer streng patriarchalischen Struktur in eine Teamstruktur“, sagte er der Ärzte Zeitung. Keine Veränderungen, so Smetak damals, habe es beim „Grundgedanken von MEDI“ gegeben.
Daran zweifelt von Meißner. Der geplante Rauswurf von ihm und seinem Bruder stehe „nicht für das, was MEDI früher ausgemacht hat – nah an der Basis zu sein“. Und doch sendet der Hausarzt aus Baiersbronn unabhängig vom Ausgang der Causa ein berufspolitisches Signal: „Meine Loyalitäten liegen beim Hausärztinnen- und Hausärzteverband, dort befindet sich jetzt meine berufspolitische Heimat.“ (fst)






