Medizinstudium

Viel Lob für neue Approbationsordnung – aber unklare Mehrkosten

Der erste Aufschlag aus dem Hause Spahn für die völlig neue Approbationsordnung für Ärzte kommt bei Verbänden gut an. Doch die gewünschte Patientenzentrierung und neue Lehrformate kosten viel Geld. Wie viel, ist unklar.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:
Der Dozent Dr. Philip Bintaro bei einer interaktiven Vorlesung für Medizinstudenten an der MHH.

Der Dozent Dr. Philip Bintaro bei einer interaktiven Vorlesung für Medizinstudenten an der MHH.

© Julian Stratenschulte / dpa / picture alliance

Berlin. Der Arbeitsentwurf für die neue Approbationsordnung für Ärzte hat bei der Anhörung im Bundesgesundheitsministerium Lob und Skepsis geerntet.

„Positiv“ fällt das Fazit der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) aus. Der Stellenwert, den das Fach in der Versorgung hat, werde künftig in der Ausbildung adäquat abgebildet. Die erweiterten Blockpraktika in allgemeinmedizinischen Praxen befürwortet die DEGAM, bremst aber bei deren Umfang: Zwei ein- und zwei zweiwöchige Blockpraktika seien ausreichend – der Arbeitsentwurf sieht insgesamt acht Wochen dafür vor.

Bei der Auswahl, Qualifizierung und Einbindung von akademischen Lehrpraxen sieht die DEGAM die allgemeinmedizinischen Abteilungen und Institut am Zug. Nur dort gäbe es die dafür nötigen Erfahrungen.

Allgemeinmedizin zu stark im Fokus?

Das liest sich bei der Deutschen Hochschulmedizin (DHM), der Dachorganisation des Verbands der Universitätsklinika und des Medizinischen Fakultätentags (MFT) anders: Den Fakultäten bereite die Gewinnung von ausreichend Lehrärzten angesichts der „deutlichen Einengung“ auf die Allgemeinmedizin Sorge. An vielen Stellen des Arbeitsentwurfs würden Vorgaben formuliert, die nicht nur die Kosten des Studiums in die Höhe treiben, sagt Professor Matthias Frosch, Präsident des MFT, der „Ärzte Zeitung“.

„Für einige der Vorgaben, insbesondere in der ambulanten Lehre, fehlt es in Deutschland schlicht an einer ausreichenden Zahl von Lehrpraxen oder an entsprechend qualifiziertem Lehrpersonal“, warnt Frosch. Was geschieht, will die DHM wissen, wenn „sich nicht ausreichend Kollegen für die zahlreichen Aufgaben rekrutieren lassen? Welche Konsequenzen drohen den Studierenden oder den Fakultäten, wenn es hier zu Ausfällen kommt?“, heißt es in der Stellungnahme. Die DHM sieht an dieser Stelle die KVen in der Pflicht. Diese sollten „die Gestellung von Lehrpraxen und Prüfern im Auftrag der Fakultät gewährleisten“.

Werbung für Hochschulambulanz

Die DHM fordert als Konsequenz, den „engen Fokus“ auf die Allgemeinmedizin aufzuweichen. Statt den Unterricht in Hochschulambulanzen einzuengen, sollte dieser ausgeweitet werden. Zudem sollte die Möglichkeit bestehen, die Ärztliche Prüfung am ambulanten Patienten (im Arbeitsentwurf der vierte Prüfungsabschnitt) auch in Hochschulambulanzen abzunehmen.

Die DEGAM hat sich stets gegen den Versuch einer solchen Rückverlagerung der Ausbildung in die Hochschulambulanzen gewehrt. Die DHM will zudem den Umfang der Blockpraktika in der ambulanten primärärztlichen Versorgung auf zweimal zwei Wochen eindampfen.

Die Mehrkosten durch die umfassende Studienreform lassen sich nach Ansicht der DHM bislang nur in „ersten Überschlagsrechnungen“ kalkulieren. Zentrale Rechengröße ist hier der sogenannte Curricularnormwert (CNW). Dieser besagt grob, wie viele Stunden Lehre für die Ausbildung eines Medizinstudierenden erforderlich sind. Je höher der CNW, desto mehr Personal muss je Studierendem vorgehalten werden. Beim Kompromiss zum Masterplan zwischen Bund und Ländern wurde 2017 die nötige Refinanzierung ausgeblendet.

Die Folgen der Studienreform für die Unikliniken treibt die Bundesärztekammer um. Der Fokus auf Praxisnähe und Patientenorientierung dürfe nicht die Arbeitsverdichtung der Lehrärzte verschärfen.

In ihrer Stellungnahme beschreibt die BÄK die reichzeitige und ausreichende Gewinnung an Lehrpraxen als „unrealistisch“. Auch stößt sich die BÄK daran, dass neue Inhalte und Anforderungen in das Medizinstudium gestellt werden, eine inhaltliche Entschlackung an anderer Stelle aber ausbleibt. Konkret schlägt die BÄK unter anderem vor, das obligate dreimonatige Krankenpflegepraktikum auf zwei Monate zu verkürzen.

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