Weißbuch

Viele Ärzte bei Vorhofflimmern unsicher

Ein neues Weißbuch gibt Aufschluss zur Versorgungssituation bei Vorhofflimmern. Die Experten fordern verbesserte Früherkennung.

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BERLIN. Eine optimale Therapie von Menschen mit Vorhofflimmern scheitert häufig an Unsicherheit - von Patienten, aber auch von Ärzten.

Zu diesem Fazit kommt das "Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern", das das IGES Institut am Montag vorgestellt hat.

"Bei der Identifikation betroffener Patienten und bei der Einnahmetreue geeigneter Medikamente besteht Verbesserungsbedarf", so das Fazit von Hans-Holger Bleß, Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES Institut.

Fast jeder fünfte Schlaganfall geht nach IGES-Angaben auf Vorhofflimmern zurück. Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind Schätzungen zufolge davon betroffen.

Aufgrund des demografischen Wandels gehen Experten davon aus, dass die Zahl der Betroffenen von 2 Prozent im Jahr 2008 auf 2,7 Prozent in 2020 steigen wird. Laut IGES-Leiter Professor Bertram Häussler verdeutlicht das die Wichtigkeit der Prävention.

Mehr Handlungssicherheit für Hausärzte gefordert

"Auf Seiten niedergelassener Ärzte hemmen neben Unsicherheiten durch das Blutungsrisiko vor allem das Alter und Begleiterkrankungen der Patienten sowie eine erwartete Therapieuntreue das Einleiten einer oralen Antikoagulation, selbst wenn ein hohes Schlaganfallrisiko besteht", lautet eines der Ergebnisse des Weißbuchs.

So sei bei knapp jedem zweiten behandlungsbedürftigen Patienten über die Hälfte des Jahres nicht sicher durch eine Verordnung eines Blutgerinnungshemmers abgedeckt, wie Analysen von Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen zeigten.

Sogar in der fachärztlichen Versorgung erhalten dem Weißbuch zufolge zwischen 13 und 43 Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern keine orale Antikoagulation; 8 bis 20 Prozent erhalten zur Schlaganfallprävention stattdessen weniger wirksame Thrombozytenaggregationshemmer.

"Vor allem in der hausärztlichen Versorgung müssen wir mehr Handlungssicherheit und Strukturen für eine verbesserte Früherkennung schaffen", sagte Professor Michael Näbauer, Oberarzt am Klinikum der Universität München.

Dazu empfiehlt das Weißbuch unter anderem ein Screening nach Vorhofflimmern bei allen Patienten über 65 Jahren durch Tasten des Pulses und anschließendem EKG bei irregulärem Puls.

Jährlich, so das Weißbuch, könnten durch eine verbesserte Primärprävention gut 9400 erstmalige Schlaganfälle in Deutschland verhindert werden. Bezogen auf die Lebenszeit entspräche dies einem Einsparpotenzial von 400 Millionen Euro. (jk)

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Kommentare
Dr. Cornelia Karopka 15.09.201508:02 Uhr

"Risiken und Nebenwirkungen"

Es gibt bereits Scoresysteme, die die Entscheidung für eine orale Antikoagulation erleichtern (CHAD Vasc 2). Das führt im konkreten Fall allerdings auch dazu, dass 90 jährige Pflegeheimbewohner mit Apoplex und kompletter Hemiparese, Sprach- und Schluckstörungen, Herz- und Niereninsuffizienz und Ulkusblutung in der Anamnese in der neurologischen Fachklinik neu antikoaguliert werden. Da habe ich als Hausarzt "Bauchschmerzen", aber zum Glück gibt es auch einen Blutungsrisiko Score (HAS-BLED).
Was wären wir nur ohne Scores! (Ironie!)

Karl-Georg Vaith 14.09.201513:25 Uhr

VHF und Apoplex eine gefährliche Kombination

Euren Artikel kann ich nur zu 100% unterstützen !

Ich hatte VHF und sehr starke Kopfschmerzen während eines Fluges von LA nach MUC.
Da nur sehr starke Kopfschmerzen vorhanden waren, wurde dies auf "Höhenkrankheit" zurückgeführt. Dabei hatte ich noch nie Probleme mit dem Fliegen.
Da weitere Symptome erst nach 7-8 Std. auftraten, Übelkeit, Sprachstörungen,wurde eine Notfalltherapie erst nach 8 Std. eingeleitet. Hätte ich keinen Top-Neurochirurgen gehabt, der die Gefäße ausräumte, würde ich diesen Brief nicht schreiben.

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