Leipziger Lebern

Viele Fragen, wenige Antworten

Etliche Fragezeichen in der Leipziger Leber-Affäre: Was war das Motiv, floss vielleicht sogar Geld für die erfundenen Dialysen? Letzteres kann nicht einmal die Uniklinik ausschließend. Auch die Staatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet.

Veröffentlicht:
Suche nach Antworten: Uniklinik-Vorstand Fleig.

Suche nach Antworten: Uniklinik-Vorstand Fleig.

© dpa

LEIPZIG/BERLIN. Der Tag eins nach dem Bekanntwerden von Schummeleien am Leipziger Transplantationszentrum war ein Tag der langen Gesichter: Viele Fragen gab es, aber nur wenige Antworten. Auch die möglichen Motive der involvierten Ärzte sind weiter unklar. BÄK-Präsident Montgomery geht derweil von weiteren Enthüllungen aus.

Die Führung der Uniklinik Leipzig wollte am Mittwoch nicht ausschließen, dass bei den mutmaßlich manipulierten Meldebögen für die Eurotransplant-Wartelisten auch Geld geflossen ist.

"Ich kann nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass kein Geld geflossen ist", sagte Professor Wolfgang Fleig, medizinischer Vorstand am Uniklinikum, am Mittwoch. Soweit er die beschuldigten Ärzte und die betroffenen Patienten kenne, könne er sich eine Bestechung jedoch nicht vorstellen.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat unterdessen ein Verfahren eingeleitet, um eine mögliche strafrechtliche Relevanz zu prüfen.

"Wir haben ein Prüfverfahren eingeleitet, um festzustellen, ob sich aus den mitgeteilten Mängeln und Unregelmäßigkeiten Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Relevanz ergeben", sagte Behördensprecher Ricardo Schulz am Mittwoch in Leipzig.

Man stehe allerdings erst am Anfang der Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft werde sich mit dem Uniklinikum in Verbindung setzen, um Unterlagen anzufordern. Dem Vernehmen nach haben die Ermittler zuerst aus der Presse von den Vorfällen erfahren.

Bezeichnend: Schlagartiges Ende im vergangenen Jahr

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, geht davon aus, dass noch weitere Unregelmäßigkeiten entdeckt werden. "Die Prüfkommission untersucht etwa 140 Transplantations-Programme, was etwa drei Jahre dauern wird. Deshalb rechnen wir damit, dass noch mehr ans Licht kommt", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Im "Tagesspiegel" bezeichnete er die jetzigen Vorfälle als Beleg dafür, dass die jetzigen bundesweiten Kontrollen von Prüf- und Überwachungskommission funktionierten. "Die Transplantationsmedizin in Deutschland war wahrscheinlich noch nie so sicher und vor Schummeleien geschützt wie derzeit", sagte er dem Blatt.

Er nannte es bezeichnend, dass die erfundenen Dialysebehandlungen im vergangenen Jahr "schlagartig" aufgehört hätten. Tatsächlich waren im vergangenen Jahr nach dem Bekanntwerden der Vorfälle von Göttingen und Regensburg, und später auch München, die Anforderungen seitens Eurotransplant verschärft worden.

Der Chef der Uniklinik Leipzig, Fleig, sagte am Mittwoch, er habe im Moment keine Erklärung, warum seit 2010 insgesamt 38 Patienten fälschlicherweise als Dialysefälle ausgewiesen wurden. Er könne auch nicht erklären, warum es in den Jahren davor keine Unregelmäßigkeiten gegeben habe.

"Das ist ein für mich bestürzendes Ergebnis. Ich bin fest davon ausgegangen, dass wir ein regelkonformes Verfahren haben", sagte Fleig. "Ob Dialyse oder nicht ist ein Kreuzchen am Computer."

Die Prüf- und die Überwachungskommission von BÄK, DKG und Krankenkassen kündigten für die kommende Woche einen erneuten Besuch in Leipzig an. Die Experten, die alle Zentren in Deutschland überprüfen, hatten die Unregelmäßigkeiten aufgedeckt. (nös/dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Pharmakokinetik von Rezafungin bei einer Dosierung von 400mg, gefolgt von 200mg einmal wöchentlich

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [10]

Invasive Candida-Infektionen

Modernes Echinocandin – optimierte Eigenschaften und klinische Vorteile

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG, Frankfurt/Main
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Roboter-assistiertes Operieren: von Pionieren lernen

© 2024 Intuitive Surgical Operations Inc.

Operationstechnik

Roboter-assistiertes Operieren: von Pionieren lernen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Intuitive Surgical Deutschland GmbH, Freiburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Geriatrische Syndrome

COPD bei älteren Patienten – darauf sollten Sie achten

Kasuistik

Die stille Last der Acne inversa

Welchen Spielraum es gibt

Patienten rechtssicher ablehnen: So geht’s

Lesetipps