Kommentar zum EU-Krebsplan

Visionäre ohne Penunzen

Der EU-Krebsplan soll Europa den Weg zur Gesundheitsunion zementieren. Kann nur sein, dass unterwegs das Material ausgeht.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

Der Anspruch ist visionär: Die EU-Kommission will – auch als Lehre aus der Corona-Pandemie – die Gesundheit der Europäer als verbindendes Element der EU-Mitgliedstaaten etablieren. Spielte Gesundheit früher – dem Subsidiaritätsprinzip geschuldet – so gut wie keine Rolle in der Brüsseler Schaltzentrale der Macht, so soll nun der am Mittwoch unter Präsidentin Ursula von der Leyen von der Kommission verabschiedete EU-Krebsplan den Weg in eine Gesundheitsunion zementieren.

So fand EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides starke Worte für die Symbolkraft des Planes: „Eine starke europäische Gesundheitsunion ist eine Union, in der die Bürgerinnen und Bürger vor vermeidbaren Krebserkrankungen geschützt sind, in der sie Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen und Frühdiagnose haben und in der alle auf jedem Schritt des Weges auf eine hochwertige Versorgung zurückgreifen können. Das ist es, was wir mit unserem Plan gegen den Krebs erreichen wollen.“

So sollen im Rahmen von zehn Leitlinien und zahlreichen Fördermaßnahmen Millionen Menschenleben gerettet werden, die ansonsten von onkologischen Erkrankungen hinweggerafft werden würden. Bis 2030 solle zum Beispiel die mit EU-Mitteln geförderte Impfung von mindestens 90 Prozent der Mädchen und Jungen gegen humane Papilloma-Viren sowie nicht näher genannte Investitionen in die Infrastruktur erreicht werden. Es soll ein Wissenszentrum für Krebs aufgebaut und eine Europäische Initiative über bildgebende Verfahren in der Krebsmedizin gestartet werden, um nur einige Beispiele zu nennen.

Nimmt man das Versprechen Ernst, das Kyriakides und verschiedene Europaabgeordnete bei zig Videoschalten in den vergangenen Monaten abgegeben haben, dann soll jeder Europäer, so hieß es immer wieder, Zugang zu innovativer Krebsdiagnostik und -therapie haben. Der Krebsplan mit seiner mickrig anmutenden Finanzausstattung von gerade einmal vier Milliarden Euro – 1,25 Milliarden davon aus dem Programm EU4Health – wird das mit Sicherheit nicht leisten können.

Denn die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt, dass sich viele EU-Mitgliedstaaten schwer damit tun, Projekte weiterzuführen, wenn die EU-Mittel versiegen. Da hilft dann nur noch der gelebte Zweckoptimismus: Sind die Penunzen weg, dann muss halt der Glaube Berge versetzen.

Schreiben Sie dem Autor: matthias.wallenfels@springer.com

Lesen sie auch
Schlagworte:
Mehr zum Thema

„Mehr Ernsthaftigkeit“ nötig

Drogenbeauftragter für härteren Kurs gegen das Rauchen

Weiterentwicklung der Versorgung

Experte: Bei der Transformation international die Kräfte bündeln!

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen