IV-Versorgung
Warnung vor der "Ikea-Medizin"
Krankenkassen und Ärzte sind bisher keine Antreiber bei der Etablierung der integrierten Versorgung. Stoßen nun Managementgesellschaften in diese Lücke? Diese Vorstellung löste bei einem Forum der Barmer GEK keine Begeisterung aus.
Veröffentlicht:
Grundsätzlich hat die IV Potenzial, die Versorgung zu verbessern: Professor Heinz Lohmann, Henning Kutzbach, Professor Wolfgang Greiner, Dr. Monika Schliffke, Dr. Marret Bohn und Wolfgang Gagzow (v.l.).
© Dirk Schnack
LÜBECK. Integrierte Versorgung (IV) könnte schon bald durch Managementgesellschaften forciert werden. Zugleich sind aber viele Hürden aus dem Weg zu räumen, damit IV-Modelle die Versorgung qualitativ und flächendeckend voranbringen können. Dies wurde beim Norddeutschen Dialog der Barmer GEK in Lübeck deutlich.
Mehr Evaluation, mehr Verbindlichkeit, bessere Aufklärung und Information: Professor Wolfgang Greiner, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, hatte eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für die IV parat.
Der Gesundheitsökonom aus Bielefeld hat auch beobachtet, dass integrierte Versorgung Krankenkassen und Ärzte bislang nicht flächendeckend begeistern konnte.
Die Kassen schauten unter Sparzwängen und aus Gründen der Beitragssatzstabilität vornehmlich auf die Kosten. Unter Ärzten hat er wenige stark Engagierte ausgemacht, aber auch viele "Trittbrettfahrer".
Ergebnis: Einige Aktive hätten angesichts der Hürden frustriert aufgegeben. Dennoch machte Greiner deutlich, dass er mit der IV Chancen für eine bessere Versorgung verbindet.
Auch Gesundheitsunternehmer Professor Heinz Lohmann sieht Entwicklungspotenzial. Er erwartet, dass Managementgesellschaften künftig Angebote mit durchgängiger Behandlung über die Sektorengrenzen hinweg schnüren und den Patienten als Gesamtpaket vorlegen.
"Ikea-Medizin" ist nicht gewünscht
Die medizinische Behandlung im Paket wie eine Pauschalreise - mit dieser Vorstellung konnten sich die Ärzte unter den Zuhörern nicht anfreunden.
Lohmann aber begründete seinen Ausblick unter anderem mit der Entwicklung in anderen Branchen und sagte: "Der Patient will keine Ikea-Medizin und sich nicht selbst die Einzelteile der Behandlung zusammensuchen, sondern eine durchgängige Behandlung und Unterstützung."
Neben den Brüchen zwischen den Sektoren nannte Dr. Renée Buck, Abteilungsleiterin im Kieler Gesundheitsministerium und Zuhörerin in Lübeck, die mangelnde Abstimmung zwischen den Professionen als Hürde für eine bessere Versorgungsqualität.
Auf dem Podium waren sich die grüne Landtagsabgeordnete Dr. Marret Bohn, Henning Kutzbach (Barmer GEK Mecklenburg-Vorpommern), Schleswig-Holsteins KV-Chefin Dr. Monika Schliffke und Wolfgang Gagzow (Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern) einig, dass die IV zur Versorgungsverbesserung beitragen könnte - wenn die Prozessqualität verbessert und die rechtlichen Fragen in Zusammenhang mit der Integrationsversorgung geklärt werden.
Greiner und Lohmann erinnerten daran, dass es außer Ärzten und Krankenkassen weitere potenzielle Partner gibt, die in der IV eine wichtige Rolle übernehmen könnten - dazu zählten sie etwa Apotheker und die pharmazeutische Industrie.