Marburger Bund fordert

Weg mit DRG!

Das Fallpauschalen-System soll fallen: Der Marburger Bund hat auf seiner Hauptversammlung zur Attacke auf die DRG geblasen. Zudem fordert die Ärzte-Gewerkschaft: Schluss mit der Ökonomisierung der Krankenhäuser.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ärzte wollen keine Handlanger der Profitmaximierung sein. Dazu hat sich der MB bekannt.

Ärzte wollen keine Handlanger der Profitmaximierung sein. Dazu hat sich der MB bekannt.

© Davorin Wagner

BERLIN. Ein Ende des Fallpauschalen-Systems (DRG) in seiner jetzigen Form haben die Delegierten der 124. Hauptversammlung des Marburger Bundes gefordert.

In die künftige Krankenhausplanung sollten Ärzte zwingend mit einbezogen werden. Krankenhausplanung und -finanzierung sollten in staatlicher Verantwortung bleiben, aber nicht nach dem gegenwärtigen Schema.

"Alle leiden unter dem Ausbleiben der Investitionsmittel", sagte der alte und neue Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke. Jährlich fehlten deutlich mehr als fünf Milliarden Euro.

Kliniken nicht im Stich lassen

Die politisch Verantwortlichen dürften die Krankenhäuser nicht im Stich lassen. Bund und Länder müssten für eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser sorgen.

Dazu gehöre die volle Refinanzierung der Personalkosten wie die Bezahlung aller erbrachten Krankenhausleistungen.

Das Fallpauschalensystem in seiner jetzigen Form hält der Marburger Bund dafür für ungeeignet.

Die künftige schwarz-rote Koalition forderten die Delegierten auf, das flächendeckend einheitlich angewandte Abrechnungssystem zu ersetzen. Einfach zu standardisierende Leistungen könnten weiterhin pauschaliert werden.

Zusätzlich solle eine Komponente für die ärztliche Weiterbildung in die Pauschalen aufgenommen werden. Gleichzeitig sollten die dann nicht mehr überall einheitlichen Pauschalen den regionalen Versorgungsbedarf und die Versorgungsqualität abbilden.

In die dann darüber hinaus zu vereinbarenden Budgets könnten Personal und Sachkosten, die Vorhaltekosten für als bedarfsgerecht festgestellte Versorgungsstrukturen und Investitionen einfließen, schlugen die Delegierten vor.

Ärzten wird Industrialisierung aufgezwungen

Die Einführung der DRG und die dadurch ausgelöste "Industrialisierung der Medizin hatten die Delegierten als Grundübel der aktuellen Lage in den Krankenhäusern ausgemacht.

"Die unterschiedlichen Gewinnmargen der verschiedenen Fallpauschalen bewirken, dass unabhängig von der medizinischen Indikation rentable DRG bevorzugt angeboten und abgerechnet werden und damit eine gefährliche Über- und Fehlversorgung generiert wird", heißt es in dem am Samstag gefassten Beschluss.

Ärzten werde die Industrialisierung aufgezwungen, statt sich am Gesundheitsnutzen der Patienten zu orientieren Profite für ihre Arbeitgeber zu erwirtschaften. Anschließend würde ihnen von der Öffentlichkeit vorgeworfen, gemäß der vom System gesetzten Fehlanreize zu handeln.

Schon der Start der DRG sei schief gegangen, sagte Henke, der für die CDU auch im Bundestag sitzt: "Man ist nicht mit betriebswirtschaftlich kalkulierten Preisen in das DRG-System eingestiegen, sondern schon damals mit administrierten Preisen."

Appell: Tarifpluralität nicht einschränken

Eine Neuausrichtung des Klinikfinanzierungssystems berührt auch die Bedarfsplanung. Die Unterfinanzierung habe zu einer "chaotischen Selektion" geführt, beschrieb Matthias Einwag von der Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg die Situation.

Es bestehe die Gefahr, dass Krankenhäuser in prekären Lagen geschlossen würden, die in ein paar Jahren aufgrund der Veränderungen auf dem Land gebraucht würden.

Es würden aller Voraussicht nach nur wenige Standorte aufgegeben, prognostizierte dagegen Uwe Deh, Vorstand des AOK-Bundesverbands. Aber an vielen Standorten würden die Aufgaben neu definiert.

Über die Grundsatzdebatten vergaßen die MBler nicht ihre Rolle als Gewerkschafter. An Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat appellierten die Klinikärzte, die Tarifpluralität nicht einzuschränken.

Ein Gesetz zur Herbeiführung der Tarifeinheit sei aus Sicht des MB ein ungerechtfertigter Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Koalitionsfreiheit.

Henke im Amt bestätigt

Auf der Tagung wurde Rudolf Henke als Vorsitzender des Marburger Bundes mit 91,2 Prozent wiedergewählt. Bei der Wahl im Jahr 2010 hatte er 84,1 Prozent bekommen.

Henke tritt seine dritte Amtszeit an. Er steht seit 2007 an der Spitze des Marburger Bundes.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Was die "GroKo" ermöglicht

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