Wenn der Fonds den Kassen "Hardcore-Wettbewerb" bringt

Fast jeder ist gegen den Gesundheitsfonds - auch beim Herbstempfang des BKK-Landesverbandes Nord. Offen blieb, wie eine konsensfähige Alternative aussehen soll.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

"Im Gesundheitswesen sind sich alle einig in der Ablehnung. Aber sonst sind sie immer alle weit auseinander", stellte Hamburgs Gesundheitssenator Dr. Dietrich Wersich fest. Als einziger hatte er sich auf dem BKK-Empfang in Hamburg "für den Fonds in seiner Grundidee" ausgesprochen.

Dass der Selbstverwaltung damit auch Gestaltungsmöglichkeiten genommen werden, hält CDU-Politiker Wersich für verkraftbar. Denn nach seiner Ansicht sind die Herausforderungen im Gesundheitswesen inzwischen zu groß, um von der Selbstverwaltung allein gelöst zu werden.

Als Beispiel führte er die unbezahlten Leistungen der niedergelassenen Ärzte unter Budgetbedingungen an. Die beschlossene Honorarreform mit einem Mittelzufluss von rund 2,7 Milliarden Euro wäre nach seiner Ansicht ohne den Fonds nicht umzusetzen gewesen.

Sieht gesetzliche Kassen im Kampf um Budgetanteile des Bundes: BKK-Landeschefin Claudia Korf.

Als ideale Lösung betrachtet auch Wersich den Fonds nicht. Er vermisst die Abkoppelung der Beitragseinnahmen vom Arbeitseinkommen zu Lasten einer stärkeren Steuerfinanzierung. Genau die kann sich Gastgeberin Claudia Korf nicht vorstellen.

Die Vorsitzende des BKK-Landesverbandes Nord erwartet in den kommenden Jahren massive Haushaltsprobleme des Bundes. "Dann konkurriert die gesetzliche Krankenversicherung mit Kitas, Schulen und anderen", gab Korf zu bedenken. Damit wäre die Einnahmebasis der Krankenkassen in Gefahr. Unter Fondsbedingungen erwartet sie einen "Hardcore-Verdrängungswettbewerb" in ihrer Branche.

Schon im ersten Jahr mit dem Fonds wird es nach ihrer Ansicht 30 bis 40 Krankenkassen treffen, die sich wegen Liquiditätsproblemen entweder in eine Fusion flüchten oder einen Zusatzbeitrag erheben müssen - und damit einen massiven Mitgliederschwund erleben werden.

Begrüßt den Morbi-RSA, nicht aber den Fonds: Dr. Martina Bunge, Abgeordnete der Links-Fraktion.

Ob die Wechselbereitschaft der Versicherten tatsächlich im erwarteten Ausmaß besteht, ist für Verbraucherschützer Stefan Etgeton noch gar nicht sicher. Der Vertreter der Verbraucherzentrale Bundesverband sprach von einer "diffusen Lage", in der nicht einmal geklärt ist, ob der Beitragssatz kostendeckend ist. Fest steht für ihn dagegen, dass die in der Vergangenheit oft kritisierte Risikoselektion der Krankenkassen durch den Morbi-RSA nicht aufgehoben ist.

Dr. Martina Bunge, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, begrüßte die Einführung des Morbi-RSA. "Dafür braucht es aber keinen Fonds", sagte die Abgeordnete der Links-Fraktion. Sie vermutet, dass die Kassen als Folge des Fonds Leistungen zurückfahren. Auch Ärzte unter den Zuhörern befürchten Einschnitte in der Versorgung.

Wer sich widersprach dieser Einschätzung. Er erinnerte daran, dass eben kein Kostendämpfungsgesetz verabschiedet wurde, sondern zusätzliche Mittel ins Gesundheitswesen fließen. Als Arzt, der in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens Erfahrungen sammeln konnte, räumte er aber ein: "Es reicht nicht aus."

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