Wer hält die Anliegen der Ärzte in Niedersachsen auf Kurs?

Die noch junge Fraktion "KV neu gestalten" nutzt eine gemeinsame Nachfrageaktion von Hausärzteverband und AOK in den Praxen, um sich berufspolitisch in Szene zu setzen. Die Tonlage der Auseinandersetzung ist mittlerweile recht schrill.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Welcher Steuermann sorgt dafür, dass die Ziele nicht aus dem Blick geraten? In Niedersachsen tobt darüber ein heftiger Streit.

Welcher Steuermann sorgt dafür, dass die Ziele nicht aus dem Blick geraten? In Niedersachsen tobt darüber ein heftiger Streit.

© Baker / Fotolia.com

HANNOVER. Die Fraktion "KV neu gestalten" in der Vertreterversammlung der KV Niedersachsen nutzt eine Faxaktion des Hausärzteverbandes und der AOK, um politisch Zeichen zu setzen.

Gleichzeitig protestiert sie energisch gegen den "Kurs, den die Kassen als Steuermänner dem deutschen Gesundheitswesen auferlegen wollen", wie es in einer Protestnote der Fraktion heißt.

Was war passiert? Der Hausärzteverband kündigte vor Monatsfrist den in den Hausärztevertrag mit der AOK eingeschriebenen Kollegen per Fax unter der Überschrift "Unsere Bitte - Ihr Gewinn" Post von der KV an.

Und zwar ein Schreiben "mit der Auflistung der Patienten, bei denen anscheinend eine Diskrepanz zwischen Diagnose und Abrechnung, bzw. Verordnung vorliegt".

Nach Angaben der AOK sind 5483 Ärzte angeschrieben worden, "bei denen Kodierungen nicht zur Krankengeschichte passten", so AOK-Sprecher Carsten Sievers. Von den angeschriebenen Ärzten waren rund 20 Prozent keine HzV-Ärzte, sondern Fachärzte, deren Abrechnungen bei der Plausi-Prüfung aufgefallen waren, so die AOK.

Die Aktion sei nicht als Kontrolle gemeint, versicherte der HÄV, sondern diene der "optimalen Umsetzung unseres gemeinsamen Vertrages". Schließlich sei "die Diagnose das entscheidende Kriterium für die Honorarflüsse im deutschen Gesundheitswesen".

"KV neu gestalten" versandte daraufhin empört ein Fax. Der Hausärzteverband rede den Kassen das Wort, wenn er die Diagnosen als Grundlage für die Vergütung akzeptiere. Nun sei "die Katze endlich aus dem Sack, der Hausärzteverband vollzieht den von Köhler initiierten Paradigmenwechsel in der Honorarverteilung".

Statt "Pay for Performance" erhalte man jetzt "Pay for Diagnose", hieß es. "KV neu gestalten" aber werde "sich nicht zu Helfers Helfern der Kassenoligarchie instrumentalisieren lassen". Damit war der Streit in der Welt. Der Disput trat eine Kaskade von Stellungnahmen los.

Hintergrund des Krachs sind die neuen Mehrheitsverhältnisse in der VV. Bei der Wahl vor wenigen Monaten hatte unter anderem die Fraktion "KV neu gestalten", die sich aus Vertretern der Ärztegenossenschaft Niedersachsen-Bremen und des Hartmannbundes zusammensetzt, dem Hausärzteverband viele Mandate abgeknöpft. Nun will die neue Fraktion offenbar Flagge zeigen.

Anfang Juni erklärte Dr. Heinz Jarmatz, Chef des Hausärzteverbandes Niedersachsen, seine Sicht der Dinge. Im Rahmen der aufwändigeren Betreuung von chronisch Kranken erhalten HzV-Hausärzte Honorar in vertraglich vereinbarten Eurobeträgen, die über das Regelleistungsvolumen hinausgehen.

Dieses Honorar werde den HzV-Ärzten aufgrund der Diagnosedaten der eingeschriebenen Patienten gezahlt. Kasse und Verband haben vereinbart, dass die AOK diejenigen Ärzte anschreiben darf, bei denen zum Beispiel eine Diskrepanz zwischen abgerechneten DMP ohne entsprechende Diagnose aufgetreten sei. Dies sei nun geschehen. "Mehr nicht", hieß es.

Danach schrieb Hausarzt Dr. Konrad Grabenschröer von "KV neu gestalten" der "Ärzte Zeitung", man sei "nicht an einer Inszenierung eines Krieges mit dem HÄV interessiert. Wir möchten uns an der Sache orientiert den berufspolitischen Anliegen der niedergelassenen Kollegen im hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereich annehmen".

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