Auch Schwerkranke haben das Recht, eine Ehe zu schließen

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STUTTGART (eb). Das Grundgesetz garantiert jedem die Freiheit zur Eheschließung. Eine Ehe, bei der einer der Ehepartner schwer krank ist, kann nicht von der zuständigen Verwaltungsbehörde wegen der Erkrankung aufgehoben werden. Voraussetzung: Es besteht kein Zweifel an der für die Eheschließung notwendigen Geschäftsfähigkeit.

Auf diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg weist der Nürnberger Fachanwalt für Familienrecht Martin Weispfennig von der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht (DANSEF) hin.

Im zugrunde liegenden Fall heirateten der Mann und die Frau am 21. Oktober 2008. Die Trauung fand wegen der Erkrankung des Ehemannes nicht im Standesamt, sondern im Pflegeheim statt. Der Mann leidet unter anderem am Korsakow-Syndrom. Er stand deswegen in medizinischer Behandlung.

Das brandenburgische Innenministerium erhob als zuständige Verwaltungsbehörde wegen der Erkrankung des Ehemannes beim Amtsgericht Klage auf Aufhebung der Ehe. Dieser Klage hat das Amtsgericht stattgegeben und die Ehe aufgehoben.

Dagegen hat die Ehefrau Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Brandenburgischen OLG hat die Eheaufhebungsklage jetzt abgewiesen. Damit besteht die Ehe weiter, betont Weispfenning.

Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, das Grundgesetz garantiere die Freiheit zur Eheschließung. Eine einmal geschlossene Ehe könne deshalb nur aufgehoben werden, wenn bei einem Ehegatten am Tag der Eheschließung die Einsicht in die Bedeutung der Eheschließung und die Freiheit des Willensentschlusses zur Eingehung der Ehe beeinträchtigt war.

Im zu entscheidenden Fall habe die Krankheit des Ehemannes weder seine Einsichtsfähigkeit noch die Freiheit seiner Willensentscheidung in Bezug auf die Eheschließung beeinträchtigt.

Bei seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht die Aussagen der den Ehemann behandelnden Ärzte und der Standesbeamtin berücksichtigt. Die Ärzte hätten erklärt, die Gedächtnisleistung des Ehemannes sei nicht vollständig aufgehoben gewesen. Durch die Neueinstellung der Medikamente im Jahr vor der Eheschließung habe sich sein Zustand deutlich verbessert. Der Ehemann habe sie immer erkannt und ihnen auch bestätigt, dass er heiraten wolle.

Die Standesbeamtin, die die Eheleute getraut habe, habe einen früheren Eheschließungstermin abgelehnt, weil der Ehemann starke Schmerzmittel nehmen musste und deshalb die Gefahr bestand, dass er aufgrund des Einflusses der Medikamente die Tragweite einer Eheschließung nicht erfassen könnte.

Die Standesbeamtin habe sich dann jedoch vor der schließlich stattgefundenen Eheschließung die Atteste der behandelnden Ärzte vorlegen lassen und den Ehemann vor der Trauung dazu befragt, ob er wisse, weshalb sie hier sei. Hierauf habe er derart reagiert, dass sie keine Zweifel gehabt habe, dass er die für die Eheschließung notwendige Geschäftsfähigkeit besitze.

Az.: 13 UF 55/09

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