Bei dauerhafter Krankheit bleibt Urlaubsanspruch erhalten

LUXEMBURG (mwo). Dauerhaft kranke Arbeitnehmer können ihren Urlaub künftig über Jahre ansparen. Die derzeitige Regelung, wonach der Urlaubsanspruch meist zum 1. April des Folgejahres verfällt, ist mit europäischem Recht nicht vereinbar, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 20. Januar in Luxemburg.

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Bei dauerhafter Krankheit bleibt Urlaubsanspruch erhalten

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Als Konsequenz müssen Ärzte und andere Arbeitgeber wohl früher als bislang über eine Kündigung nachdenken, weil sie das Arbeitsverhältnis dauerhaft arbeitsunfähiger Mitarbeiter nicht mehr kostenneutral fortführen können.

Im entschiedenen Fall war der Kläger Betriebsprüfer bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. 2004 und 2005 war er über ein Jahr lang durchgehend krank und konnte daher keinen Urlaub nehmen. Danach wurde er wegen Berufsunfähigkeit verrentet. Von seinem Arbeitgeber verlangte er für 2004 und 2005 Urlaubsabgeltung in Höhe von über 14 000 Euro brutto. Entsprechend dem deutschen Recht lehnte der Arbeitgeber dies ab: Der Urlaubsanspruch sei nicht erfüllbar gewesen und daher verfallen.

Wie nun der EuGH entschied, ist dies nicht mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie aus dem Jahr 2003 vereinbar. Danach dürfe der Urlaubsanspruch nur dann erlöschen, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub auch tatsächlich nehmen konnte. Dies sei wegen der Verrentung hier aber nicht möglich gewesen. Daher müsse der Arbeitgeber die Urlaubsvergütung auszahlen.

Als Konsequenz bleibt der Urlaubsanspruch nun bis auf Weiteres dauerhaft erhalten, wenn ein Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung keinen Urlaub nehmen konnte. Offen bleibt nach dem Luxemburger Urteil aber, ob sich die Pflicht zum Erhalt des Urlaubsanspruchs auf den gesamten Urlaub oder nur auf den europäischen Mindesturlaub von vier Wochen bezieht.

Wie der EuGH aber weiter betont, wäre nicht nur das Ansparen des Urlaubs mit EU-Recht vereinbar, sondern auch die "Gewährung bezahlten Jahresurlaubs in der Zeit eines Krankheitsurlaubs". Eine solche gesetzliche Lösung könnte die Krankenkassen beim Krankengeld entlasten.

Az: C-350/06

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