Kommentar zum Impfnachweis

Berechtigte Zweifel

Auf dem Papier versprechen die Pläne zum Corona-Impfnachweis viel. Das immense Tempo dahinter lässt Zweifel aufkommen.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:

Ein ungewohnt hohes Tempo fährt die Bundesregierung gerade beim digitalen Corona-Impfnachweis. Drei Werktage hatten die Anbieter Zeit sich am Vergabeverfahren des Bundes zu beteiligen. Jetzt ist die Entscheidung gefallen: IBM darf den deutschen digitalen Corona-Impfnachweis entwickeln, zusammen mit drei anderen Unternehmen.

In acht Wochen sollen die Zertifikate bereits ausgestellt werden können – in Impfzentren, Arztpraxen und bei anderen Leistungserbringern. 55.000 Arztpraxen und 410 Impfzentren müssten dann an die Technologie angeschlossen sein, schätzt das Bundesgesundheitsministerium. Kein Pappenstiel.

Und trotzdem droht der Bund überholt zu werden: Als die Regierung im vergangenen Jahr die Plänen für einen Corona-Impfnachweis auf Eis legte, begannen erste Unternehmen mit der Planung. Es war abzusehen, dass er gebraucht werden könnte. Erste Feldtests mit dem Impfnachweis starten bereits, die Zusammenarbeit mit PVS-Anbietern läuft.

Die Regierung hingegen hat in dieser Zeit versäumt, einen digitalen Impfnachweis entwickeln zu lassen. Jetzt will sie offenbar aufholen und hat in einem Dringlickheitsverfahren dessen Entwicklung vergeben. Die Ausschreibung war offenbar so kurzfristig, dass Unternehmen mit etablierten Systemen sich daran nicht beteiligen konnten. So kommen berechtigte Zweifel auf, dass die Anbindung der Leistungserbringer reibungslos funktionieren kann.

Und wo bleiben eigentlich die Diskussionen um Datenschutz und Ethik? Schließlich werden sensible Daten digital gespeichert. Ein QR-Code verspricht neue Freiheiten. Es scheint, als seien selbst die größten Kritiker des Landes Lockdown-müde. Der Bund hingegen erwacht ausgerechnet im Wahljahr aus seinem Digital-Schlaf. Zufall? Wenn er nicht aufpasst, droht er wieder einmal von seinem eigenen Tempo überrollt zu werden.

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Verschiedene Gesichter

© Robert Kneschke / stock.adobe.com / generated with AI

Seltene Erkrankungen

GestaltMatcher – Per Gesichtsanalyse zur Orphan Disease-Diagnose

Künstliche Intelligenz gilt auch in der Medizin als Schlüsseltechnologie, mit deren Hilfe zum Beispiel onkologische Erkrankungen stärker personalisiert adressiert werden könnten.

© Kanisorn / stock.adobe.com

EFI-Jahresgutachten 2024 übergeben

KI: Harter Wettbewerb auch in der Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen