Bundesverfassungsgericht: Haustürkredite dürfen widerrufen werden

Kreditverträge, die zuhause oder am Arbeitsplatz abgeschlossen wurden, können wie andere Haustürgeschäfte von Kunden innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden.

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KARLSRUHE (mwo). Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Möglichkeit des Widerrufs sogenannter Haustürkredite bestätigt.

Dabei ist die entsprechende, 2002 geänderte Rechtsprechung auch auf ältere Verträge anwendbar, heißt es in dem im November veröffentlichten Beschluss. Danach können sich die Banken nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Ohne Hinweis besteht Recht ohne Frist

Hintergrund sind unterschiedliche Regelungen im Haustürwiderrufsgesetz und im Verbraucherkreditgesetz. Laut Haustürwiderrufsgesetz können Haustürgeschäfte innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden.

Dabei läuft die Frist erst, wenn die Verbraucher auf dieses Recht hingewiesen wurden. Ohne Hinweis bleibt das Widerrufsrecht unbefristet bestehen.

Europäischer Gerichtshof urteilte schon enimal, dass auch bei Krediten Widerrufsrecht gilt

Nach früherer Rechtsprechung zum Verbraucherkreditgesetz waren Kredite allerdings vom Widerruf ausgenommen. Am 13. Dezember 2001 urteilte jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, dass auch bei Krediten das Widerrufsrecht greift (Az.: C-481/99). Dem war am 9. April 2002 der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gefolgt (Az.: XI ZR 91/99).

Statt bislang nur vom Wortlaut des Verbraucherkreditgesetzes ging der BGH nun vom Willen des Gesetzgebers aus, dass bei mehreren widerstreitenden Regelungen im Zweifel die für die Verbraucher weitergehenden Schutzrechte gelten sollen.

Streitfall um zwei Kredite einer Genossenschaftsbank

In den nun vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen hatte eine Genossenschaftsbank zwei Kredite von jeweils umgerechnet gut 50.000 Euro gewährt.

Die Darlehen waren in der Wohnung oder am Arbeitsplatz von Anlageberatern vermittelt worden, um Beteiligungen an einem Immobilienfonds zu finanzieren.

Beide Kundinnen kündigten ihren Kredit. Im Zuge der neuen Rechtsprechung bestätigten die Gerichte das Kündigungsrecht und entschieden, dass sie die Kredite nicht mehr bedienen müssen und das bislang dafür gezahlte Geld zurückbekommen, wenn sie im Gegenzug ihre Fondsanteile an die Bank abtreten.

Gericht: Wortlaut nicht der einzige Weg, ein Gesetz auszulegen

Vor dem Bundesverfassungsgericht machte die Bank nun geltend, dies verletze ihre Berufsfreiheit und den Vertrauensschutz. Wenn deutsche Gerichte dem EU-Recht und dem EuGH folgen, müsse dies seine Grenzen im Wortlaut der deutschen Gesetze haben.

Doch der Wortlaut ist nicht der einzige Weg, ein Gesetz auszulegen, betonte nun das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. September 2011. Auch der Versuch, die Ziele des Gesetzgebers zu ergründen (sogenannte teleologische Reduktion) sei eine anerkannte Methode.

Diese habe der BGH hier in nicht zu beanstandender Weise angewandt. Die Bank habe auch nicht darauf vertrauen können, dass der BGH dauerhaft bei der reinen Wortlautauslegung bleibt.

Az.: 2 BvR 2216/06 und 2 BvR 469/07

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