Celesio wirft das Handtuch

STUTTGART/AMSTERDAM (cw). Nach nur einem Jahr hat Celesio schon keine Lust mehr: Der Stuttgarter Pharmahändler verabschiedet sich aus dem 2010 gegründeten Joint Venture Medco Celesio.

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Celesio-Zentrale in Stuttgart: Ausstieg aus dem Geschäft mit Medco.

Celesio-Zentrale in Stuttgart: Ausstieg aus dem Geschäft mit Medco.

© dpa

Celesios 50-Prozent-Anteil an dem Unternehmen, dessen Geschäftszweck Compliance-Services im Auftrag von Krankenkassen sind, übernimmt der US-Partner Medco. Über den Verkaufspreis und weitere Details der Vereinbarung wurde Stillschweigen vereinbart.

Zu den Gründen des Rückzugs war auch auf Nachfrage bei der Stuttgarter Konzernzentrale nichts in Erfahrung zu bringen. Celesio ließ lediglich verlauten, man sei "nach wie vor fest davon überzeugt, dass es einen großen Bedarf in ganz Europa gibt, die Gesundheitsversorgung von Patienten mit chronischen oder komplexen Krankheiten zu verbessern".

Doch ganz offenkundig gestaltet sich die Marktbearbeitung in Deutschland schwieriger als erwartet. Als ersten Kunden hatte Medco Celesio die Innungskrankenkasse BIG gewonnen, deren Versicherte via Telefonservice zu mehr Therapietreue annimiert werden.

Weitere Aufträge von Kassen wurden seither nicht kommuniziert. Der Vertrag mit der BIG werde jetzt von Medco "in vollem Umfang fortgeführt", heißt es.

Gerüchteweise ist zudem von kulturellen Differenzen zwischen den Partnern die Rede. Die Amerikaner seien teilweise recht forsch im Markt aufgetreten und hätten dadurch nicht nur eine Präsentation bei den Kostenträgern in den Sand gesetzt.

Zu Celesios Rückzug passt auch die kürzlich von der Medco-Tochter Europa Apotheek Venlo (EAV) abgegebene Erklärung, Patientenprogramme eigenständig und unabhängig von dem Joint Venture mit den Stuttgartern realisieren zu wollen.

So hatte EAV-Geschäftsführer Klaus Gritschneder Mitte September angekündigt, nach Multipler Sklerose weitere Indikationen für therapiebegleitende Services in Angriff nehmen zu wollen.

Aktuell betreut die Europa Apotheek in dem MS-Programm "Smart" nach eigenen Angaben 2000 Patienten. Noch bietet die EAV solche Programme Versandkunden direkt und auf eigene Rechung an, will darüber in Zukunft aber auch mit den Kostenträgern verhandeln.

Therapiebegleitung durch externe Dienstleister ist in Ländern wie den Niederlanden, Großbritannien oder auch der Schweiz schon sehr viel weiter verbreitet als hierzulande.

Unter Bezeichnungen wie "Home Healthcare Services" oder "Patient Care" bewirbt etwa der britische Anbieter HaH seine Dienste – vom Medikationsmanagement bis zur Infusionstherapie in den eigenen vier Wänden –, die von rund 110.000 Patienten in Anspruch genommen werden.

In Deutschland werden Compliance-Services für Patienten derzeit hauptsächlich von innovativen Pharmaherstellern angeboten und aus der Produktmarge finanziert.

Celesio ist im britischen Markt ebenfalls mit Patienten-Services aktiv: Das Tochterunternehmen Evolution Homecare bietet dort sämtliche Dienstleistungen bis zum Schwestern-Besuch zu Hause an.

In Deutschland ist Celesio in Sachen Patienten-Versorgung seit 2008 mit einem eigenen Angebot zur Wundversorgung unterwegs.

Mit eigenen, spezialisierten Wundpflegern und in Kooperation mit niedergelassenen Fachärzten betreibt die Tochterfirma GVW (Gesellschaft für Versorgungskonzepte in der Wundversorgung) ein Netz so genannter "Wundzentren".

Bis 2015 will man eine bundesweite Abdeckung erreichen. Momentan widmen sich sieben solcher Praxen der ambulanten Versorgung chronischer Wunden.

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