Komfortmedizin

Dachterrasse und Obstbuffet in der Klinik

Hotelkomfort gegen Zusatzgebühr - das bieten immer mehr Krankenhäuser ihren Patienten an. So auch die Berliner Vivantes Kliniken, die jetzt ihre fünfte Komfortstation eröffnet haben.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Rattanmöbel und ein weiter Blick über die Dächer der Hauptstadt: Eine Ansicht der Komfortstation des Vivantes Klinikums Am Urban.

Rattanmöbel und ein weiter Blick über die Dächer der Hauptstadt: Eine Ansicht der Komfortstation des Vivantes Klinikums Am Urban.

© gvg

BERLIN. Diesen Tag hat sich Marie Schröder anders vorgestellt. Urplötzlich treten schwerste Bauchschmerzen auf. Ehe sie sich versieht, ist die beruflich selbstständige Kinderbetreuerin im Klinikum am Urban und wird notfallmäßig operiert: Blinddarmdurchbruch.

Nach der erfolgreichen Operation fragt der Chirurg die privat versicherte Patientin, ob sie nicht auf die neue Komfortstation des Klinikums möchte.

Marie Schröder ist einverstanden - und hat es nicht bereut: "So eine Abteilung wie hier habe ich noch nicht gesehen. Die Zimmer sind toll, das Bad ist riesig. Dass es eine echte Speisekarte gibt, ist ein Megaluxus."

Das Klinikum Am Urban ist ein weithin sichtbarer Betonbunker mit einer viel besuchten Rettungsstelle, in deren Umfeld mehrere soziale Brennpunkte liegen. Es gibt außerdem eine riesige psychiatrische Klinik mit Berlin-weitem Einzugsbereich.

Aber "das Urban" war schon immer mehr als das. Es verfügt über eine hoch angesehene Kardiologie und ein modernes großes Brustzentrum - eine Klinik mit vielen Gesichtern.

Patienten residieren ganz oben

Die Komfortstation für Patienten der somatischen Abteilungen ist das jüngste dieser Gesichter. Es zeigt sich seit dem 15. Juli ganz oben im neunten Stock. Auf einer Dachterrasse können die Patienten dort in Rattan-Möbeln und Strandkörben ihren Blick über Berlin schweifen lassen.

Wenige andere Orte in Berlin gestatten einen derartigen Ausblick. Zusätzlich gibt es ein großes, angenehm gestaltetes Speisezimmer mit Kaffeemaschinen, Obstbuffet, kalten Getränken aller Art und sogar Fertiggerichten zum Selbermachen.

Im Zimmer sind HD-Fernseher, ein Kühlschrank und kostenloses WLAN Standard. Mehrere Sitzecken locken mit Lounge-artigem Mobiliar.

Entspanntes Personal

Wer diese Annehmlichkeiten als Patient genießen möchte, zahlt einen Zuschlag von 60 Euro im Zweitbettzimmer und 125 Euro im Einbettzimmer pro Tag.

Angesprochen sind nicht nur Privatpatienten, sondern auch GKV-Patienten mit Zusatzversicherung. Eine spezielle Zielgruppe sind außerdem ausländische Patienten, die im Normalfall selbst zahlen.

Professor Andree Faridi, Chefarzt des Zentrums für Brusterkrankungen, betont, dass sich das medizinische Niveau auf der Beletage nicht von dem auf anderen Stationen unterscheide: "Alle Patienten bekommen bei uns eine optimale Behandlung. Der Unterschied betrifft nur den Komfort."

Zu diesem Mehr an Komfort gehört auch eine sehr entspannte pflegerische Betreuung. Das hat zumindest Marie Schröder beobachtet: "Es ist insgesamt einfach viel ruhiger als auf einer normalen Station, und das Personal hat viel mehr Zeit."

Der Erlös wird reinvestiert

Stationsleiterin Margot Löloff betont allerdings, dass der Personalschlüssel auf pflegerischer Seite nicht anders sei als auf anderen Stationen: "Wir haben für 22 Betten elf-ein-Viertel Stellen, das ist normal.

Es gibt aber mehr Servicekräfte als auf anderen Stationen." Insgesamt bleibe damit mehr pflegerische Zeit für die Patienten übrig. Das wird honoriert: Schon in der ersten Woche waren 15 Betten belegt.

Anders als bei den übrigen Komfortstationen und Komfortkliniken des kommunalen Vivantes Konzerns wird die Komfortstation im Krankenhaus am Urban vom Klinikum selbst betrieben, nicht von einer Tochtergesellschaft des Konzerns. Faridi findet das attraktiv: "Die Erlöse aus dieser Station bleiben damit im Haus und können hier reinvestiert werden."

Einen Vorschlag für eine weitere Investition in die Komfortstation hat Patientin Marie Schröder schon in petto: "Eine Klimaanlage wäre schön", schreibt sie in das Feedback-Formular. Abgesehen davon ist sie des Lobes voll.

Länger bleiben als nötig möchte sie trotzdem nicht. Sie wird sich am Nachmittag selbst entlassen: "Mit der Station hat das wirklich gar nichts zu tun. Ich hätte nur gerne meinen Hund wieder." Haustiere gehen eben nicht im Krankenhaus, da bildet auch eine Komfortstation keine Ausnahme.

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