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"Der Zug rollt so langsam los"

Die Erprobung des Versichertenstammdatenabgleichs kann beginnen.

Veröffentlicht:

MÜNSTER. Aller Kritik der Politik zum Trotz: Der nur langsame Fortschritt bei der Telematik-Infrastruktur ist nicht einer vermeintlichen Blockade durch die Selbstverwaltung geschuldet. Das hat Mathias Redders, Leiter des Referats Gesundheitswirtschaft/Telematik im Gesundheitswesen des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums, klargestellt. "Grund ist die technische Komplexität, die unterschätzt wurde", sagte er auf dem 9. Westfälischen Ärztetag in Münster.

Nach den aktuellen Planungen sollen die Konnektoren Ende dieses Jahres endlich zur Verfügung stehen, berichtete Redders. Die im E-Health-Gesetz angekündigten Sanktionen für den Fall, dass die vorgegebenen Fristen nicht eingehalten werden, sieht der Sprecher des gematik-Beirats skeptisch.

Bis dahin werde noch eine Menge Wasser den Rhein herunter fließen, wie die Umsetzung aussehen solle, sei noch nicht klar, sagte er.

"Ich hoffe, dass nur diejenigen belastet werden, die die Verzögerungen auch zu verantworten haben." Jörg Marquardt geht davon aus, dass die Erprobung des Versichertenstammdatenabgleichs in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz im November beginnen kann. Marquardt ist Projektleiter für die Testregion Nordwest bei der Arbeitsgemeinschaft zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Nordrhein-Westfalen. "Der Zug rollt so langsam los", sagte er.

Weil es bei der Vernetzung im Gesundheitswesen in allererster Linie um die Belange der Patienten geht, müssen sich die Ärzte konstruktiv in den Prozess einbringen, forderte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Dr. Theodor Windhorst. "Wir dürfen das nicht den IT-Experten und den Ökonomen überlassen." Primäres Anliegen der Ärzte müsse dabei der Schutz der Patientendaten sein. "Die Vertraulichkeit der Daten ist die Grundlage des Arzt-Patienten-Verhältnisses", sagte Windhorst. (iss)

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Kommentare
Dr. Henning Fischer 27.06.201612:37 Uhr

@Herrn Günterberg


seit Jahrzehnten verlagern Politik und Kassen bürokratische Vorgänge in die Arztpraxen, z.B. bei Transportscheinen, Chronikerbescheinigungen ect. pp.

Die KVen haben das nicht verhindert sondern im Gegenteil fleißig mitgebastelt.

Die PKV zeigt, wie es ohne Bürokratiemoloch mit nur einem einzigen Formular geht.

Deshalb soll sie ja auch abgeschafft werden.

Klaus Günterberg 27.06.201610:27 Uhr

Wenn der Arzt die Anwesenheit eines Patienten kundtut, so verstößt das gegen seine Schweigepflicht, er würde sich strafbar machen.

Ärzte sind durchaus für moderne Informationssysteme; die informationstechnische Ausstattung ihrer Praxen, für die sie mit persönlicher Haftung sehr viel investiert haben, ist dafür ein sichtbares Zeugnis.

Es gibt jedoch zudem viele Beispiele (http://dr-guenterberg.de/content/publikationen/2008/02_elektronische-gesundheitskarte.pdf, Tabelle 3), die jedem Laien verständlich zeigen, dass Menschen ein berechtigtes, oft sogar ein erhöhtes Geheimhaltungsinteresse über ihre gesundheitlichen Angelegenheiten haben, die zeigen, weshalb Ärzte so großen Wert auf die Wahrung ihrer Schweigepflicht und auf den Datenschutz, also auf die Wahrnehmung der Interessen der sich ihnen anvertrauenden Patienten legen: Da gibt es Lebensumstände mit Inanspruchnahme des Gesundheitswesens, für die es in unserem Leben eine historisch begründete und unveränderte Tabuisierung gibt, bei denen die unbefugte Offenbarung zu schweren Nachteilen für den Betroffenen führen könnte. Die uneingeschränkte ärztliche Schweigepflicht ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens, Grundvoraussetzung für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, Grundvoraussetzung ärztlicher Tätigkeit; vor allem deshalb vertreten Ärzte so vehement die Wahrung dieser elementaren Interessen ihrer Patienten. Würde man die Schweigepflicht im Interesse moderner Technologie oder im Interesse eines vermeintlichen oder wirklichen wirtschaftlichen Nutzens verkürzen, so würde dies zu schweren Nachteilen für die Bürger unseres Landes führen.
MIT EINEM ONLINE-DATENABGLEICH TÄTE DER ARZT KUND, DASS EIN PATIENT ANWESEND IST. DAS LIEßE RÜCKSCHLÜSSE AUF SEINE ERKRANKUNG UND BEHANDLUNG ZU UND WÄRE EIN VERSTOß GEGEN DIE ÄRZTLICHE SCHWEIGEPFLICHT. DER ARZT WÜRDE SICH STRAFBAR MACHEN.

Natürlich ist es sinnvoll, künftig bei allen Veränderungen der Stammdaten nicht die Karte zu tauschen sondern, der Chip macht es möglich, nur die Änderungen vorzunehmen.
Doch man bedenke auch den zunehmenden Mangel an Ärzten und medizinischem Personal. Die aber sollen sich vor allem um die Gesundheit der Menschen kümmern. Schon heute beklagen viele Versicherte, dass Ärzte, Mitarbeiter und Pflegepersonal für sie zu wenig Zeit haben. Das ist auch verständlich, sind die schon heute mit Bürokratie überlastet.

Und man bedenke auch die Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen: Da sind die Ärzte für die Behandlung da, die Krankenkassen für die Verwaltung. Die notwendigen Änderungen der
Stammdaten könnte praktisch bei den Krankenkassen schon der jüngste Auszubildende oder jede Angestellte vornehmen. Diese Arbeit ausgerechnet denen übergeben zu wollen, die im gesamten Gesundheitswesen am höchsten qualifiziert sind, den Ärzten, - wie abwegig, wie unwirtschaftlich.

Doch wie löst man das Problem, die eGK zu aktualisieren? Da könnte in jeder Zweigstelle einer Krankenkasse doch die Änderung auch für andere Kassen vorgenommen werden, auch für die Krankenkassen, die selbst keine Zweigstellen unterhalten. Und für die restlichen Versicherten gibt es immer noch den Postweg.

HIER IST NICHT DIE KNAPPE ZEIT DER ÄRZTE, HIER IST DIE SOLIDARITÄT DER KRANKENKASSEN GEFRAGT!
Wer heute Ärzte mit rechtlichen Problemen und bürokratischen Aufgaben belasten will, möge sich später nicht über noch längere Wartezeiten beim Arzt beklagen.

Dr. Klaus Günterberg
Frauenarzt. Berlin

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