Gesundheitsfachberufe

Deutschland ist bei Akademisierung „weißer Fleck auf der Weltkarte“

Post für Gesundheitsminister Spahn aus Zürich und Wien: Dort ist man über die Hängepartie bei der Akademisierung der Gesundheitsberufe fassungslos.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:

Zürich/Wien. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erntet in der Schweiz und in Österreich Unverständnis für sein Vorhaben, die Modellklausel für Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten nochmals auf 2026 zu verlängern.

Eigentlich ist die Klausel bis Ende 2021 befristet – 2017 wurde sie schon einmal um vier Jahre verlängert. Nun ist im Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) vorgesehen, eine Entscheidung über die Studiengänge nochmals um fünf Jahre zu vertagen.

Beim Verein zur Förderung der Wissenschaft in den Gesundheitsberufen (VFWG), der bei der Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften angesiedelt ist, sieht man Spahns Schritt mit großem Unverständnis.

Verlängerte Modellklausel: „Ungünstige Entwicklung“

Die Sicherheit der Versorgung habe seit der Vollakademisierung der Gesundheitsfachberufe vor rund 15 Jahren „einen nächsten Qualitätslevel erreicht“, schreiben Professor Andreas Gerber-Grote, Präsident des VFWG und Vorstandsmitglied Silvia Mériaux-Kratochvilla – sie leitet das Departement Gesundheitswissenschaften an der Fachhochschule Campus Wien.

Durch die Vollakademisierung hätten beide Länder „beste Erfahrungen in der Versorgung und der Entwicklung dieser Berufe gemacht“, heißt es in dem Schreiben an Spahn. Vor diesem Hintergrund wertet der VFWG-Vorstand die verlängerte Modellklausel als „ungünstige Entwicklung“ und für das Gesundheitswesen in Deutschland als „nicht förderlich“.

Auf Evidenz gegründete Behandlung

Der Vorteil der Akademisierung bestehe unter anderem darin, dass entsprechend hochschulisch ausgebildete Absolventen „Studien lesen und verstehen können und den Behandlungsprozess damit auch für ihre Patientinnen auf Evidenz gründen können“.

Deutschland dagegen sei bei der Akademisierung dieser Berufe auf der Weltkarte ein „weißer Fleck, was vor dem Hintergrund des Entwicklungsgrades von Deutschland fragwürdig ist“.

Angesichts immer komplexer werdender Erkrankungsbilder der Patienten seien „Professionals“ nötig, die mit Ärzten „fachlich fundiert, an der Evidenz orientiert, kommunizieren können“, schreiben Gerber-Grote und Mériaux-Kratochvila. Sie appellieren an Spahn, eine weitere Verlängerung der Modellphase zu überdenken und die bereits existierenden Studiengänge anzuerkennen und auszubauen.

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