Gastbeitrag

Die Krux mit Radiologen in Teilgemeinschaftspraxen

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe wird erneut heftig darüber diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen Radiologen einer Teilberufsausübungsgemeinschaft angehören dürfen. Wenn auch Haus- und andere Fachärzte involviert sind, sehen die Richter eine solche Beteiligung kritisch.

Von Ingo Pflugmacher Veröffentlicht:
Arbeiten Ärzte in Teilberufsausübungsgemeinschaften mit einem Radiologen zusammen, so muss dieser auch auf Veranlassung von Ärzten tätig werden, die nicht Mitglied dieser Kooperation sind. Sonst könnte es sich um Zuweisung gegen Entgelt handeln.

Arbeiten Ärzte in Teilberufsausübungsgemeinschaften mit einem Radiologen zusammen, so muss dieser auch auf Veranlassung von Ärzten tätig werden, die nicht Mitglied dieser Kooperation sind. Sonst könnte es sich um Zuweisung gegen Entgelt handeln.

© nyul / fotolia.com

BONN. Teilberufsausübungsgemeinschaften sind nach allen Berufsordnungen der Länder grundsätzlich erlaubt. Sie dürfen allerdings nicht einer Umgehung des Verbotes der Zuweisung gegen Entgelt dienen.

Eine solche Umgehung liegt - so die Regelung der Berufsordnungen - insbesondere dann vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teilberufsausübungsgemeinschaft beschränkt. Maßgeblich ist hier das Wort "beschränkt".

Die Kernfrage: Wer veranlasst die Leistungen?

So urteilte das OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 20. Juni entschieden, dass eine Teilgemeinschaftspraxis in Nordbaden nicht mit Radiologen zusammengehen darf, "soweit deren Beitrag nicht über das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Partner der ärztlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft hinausgeht".

Das Argument der Teilgemeinschaftspraxis, dass derartige Kooperationen in MVZ erlaubt seien, ließen die Richter nicht gelten.

Az.: 6 U 15/11

Die Tätigkeit eines Arztes eines Methodenfaches darf innerhalb einer Teilberufsausübungsgemeinschaft nicht nur darin bestehen, auf Veranlassung der anderen Gesellschafter tätig zu werden.

In dem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall war es aber der Teilgemeinschaftspraxis nicht gelungen darzustellen, dass die teilnehmenden Radiologen für die Teilberufsausübungsgemeinschaft auch Leistungen erbringen, die nicht von Mitgesellschaftern veranlasst wurden.

Der Einwand der Gesellschaft, ein Radiologe werde immer auf Überweisung tätig, geht hierbei an der Sache vorbei: Es kommt darauf an, ob der Radiologe auch auf Veranlassung anderer Ärzte, die nicht Mitgesellschafter der Teilberufsausübungsgemeinschaft sind, Leistungen erbringt und diese dann als Mitglied der Teilgemeinschaftspraxis, also nicht seiner daneben bestehenden Einzel- oder Gemeinschaftspraxis, abrechnet.

Dementsprechend stellt das OLG Karlsruhe auch ausdrücklich fest, dass eine Teilberufsausübungsgemeinschaft unter Einbeziehung von Ärzten der Methodenfächer zulässig ist, wenn ihr Beitrag nicht auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Gesellschafter beschränkt ist, sondern sie darüber hinaus weitere Leistungen erbringen.

Nach Auffassung des OLG ist unter dem Begriff der "Leistung" in diesem Sinne nicht jede beliebige Aktivität, sondern nur eine Tätigkeit, die grundsätzlich gegenüber dem Patienten abrechenbar ist, zu verstehen.

Diese Auslegung des OLG soll dazu dienen, nicht jede gemeinsame Befunderörterung als gesonderte Teilleistung oder - gesellschaftsrechtlich - als Beitrag zu deklarieren und hierdurch die Regelung der Berufsordnung zu umgehen.

Die streitige Gestaltung wäre also dann zulässig gewesen, wenn die Radiologen ihre Leistungen - es ging vor allem um Knochendichtemessungen - auch dann auf Rechnung der Teilgemeinschaftspraxis erbracht hätten, wenn der veranlassende Arzt nicht Mitgesellschafter der Teilgemeinschaftspraxis ist. Warum haben dies die Ärzte nicht vereinbart?

Man kann sich das an einem Beispiel verdeutlichen: Ein Hausarzt und ein Laborarzt wollen zusammenarbeiten. Sie könnten sich vollumfänglich zu einer Gemeinschaftspraxis verbinden, der Hausarzt will jedoch primär an den Umsätzen "seiner" Laborproben partizipieren und nicht in die gesamtschuldnerische Haftung für die teuren Laborgeräte eintreten.

Der Laborarzt will eigentlich nur den Hausarzt als Einsender an sich binden, er will nicht seine gesamten Laborgewinne mit ihm teilen.

Weil sich bei dieser Interessenlage das Gemeinschaftliche letztlich auf wirtschaftliche Überlegungen im Bereich der überweisungsgebundenen, also in gewisser Weise steuerbaren Leistungen reduziert, beurteilen die Berufsordnungen der deutschen Ärzte die Zulässigkeit eben auch anders, als wenn sich zwei Ärzte vollumfänglich zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen.

Keine ungleichen Rahmenbedingungen

Die Berufsordnung diskriminiert somit keinesfalls Zusammenschlüsse von Ärzten und schafft auch keine ungleichen Rahmenbedingungen im Vergleich zu MVZ. Der Zusammenschluss zur Erbringung aller Leistungen ist Ärzten und MVZ in gleicher Weise erlaubt.

Umgekehrt ist es aber sowohl freiberuflichen Ärzten als auch in MVZ angestellten Ärzten untersagt, an einer Teilberufsausübungsgemeinschaft mitzuwirken, die sich bei medizinisch-technischen Leistungen darauf beschränkt, diese nur auf Veranlassung anderer Mitgesellschafter, und eben nicht auf Überweisung aller Ärzte, zu erbringen.

Rechtlich muss sich nämlich jede MVZ-Trägergesellschaft, auch wenn für sie die Berufsordnung nicht unmittelbar gilt, das Handeln ihrer angestellten Ärzte zurechnen lassen.

Man kann, wie es der Medi-Verbund tut, für eine weitere Liberalisierung der Berufsordnungen werben. Wenn man aber im Kern das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt in Frage stellt, so sollte man dies offen thematisieren und nicht eine vermeintliche Begünstigung von MVZ vorschieben.

Erfolgversprechender und notwendiger dürften allerdings berufspolitische Aktivitäten sein, das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt nicht aufzuheben, sondern zu präzisieren. Die Ärzte benötigen in diesem Bereich Planungssicherheit, gerade auch um sich gerichtliche Auseinandersetzungen zu ersparen.

Angesichts der aktuellen Probleme wegen der Zusammenarbeit mit Kliniken im prä- und poststationären Bereich, der Mitarbeit von niedergelassenen Ärzten bei stationären Operationen und auch der zwar nicht strafbaren, berufs- und vertragsarztrechtlich aber sanktionierten Entgegennahme von Vorteilen durch Dritte, dürfte die Teilgemeinschaftspraxis im ärztlichen Alltag und im Hinblick auf die rechtlichen Unsicherheiten eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Ärzteschaft braucht ein Berufsrecht, dass den - großen - Korridor der zulässigen Kooperationen, aber auch dessen Grenzen definiert. Diese Grenzen müssen eindeutig und für jeden Arzt verständlich sein.

Dr. Ingo Pflugmacher ist Fachanwalt für Medizin- und Verwaltungsrecht und Partner der Anwaltskanzlei Busse & Miessen in Bonn.

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