Interview

"Erfolgreiche Netze haben ein Zusammengehörigkeitsgefühl"

Dr. Veit Wambach ist Vorstand im Nürnberger Gesundheitsnetz "Qualität und Effizienz - QuE". Im Interview mit der "Ärzte Zeitung" erklärt der Hausarzt, worauf es bei Praxisnetzen ankommt und welche Faktoren über den Erfolg entscheiden.

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Dr. Veit Wambach

Aktuelle Position: Vorstandsvorsitzender von "Qualität und Effizienz - QuE" in Nürnberg.

Ausbildung: Jahrgang 1957; Wambach führt die von seinem Vater übernommene Praxis mit seiner Frau.

Karriere: Vorsitzender der Agentur deutscher Ärztenetze, Vize-Chef NAV-Virchowbund.

Ärzte Zeitung: Manche Ärztenetze entwickeln sich über eine lange Zeit, andere stagnieren oder verschwinden von der Bildfläche. Was macht ein erfolgreiches Ärztenetz aus?

Dr. Veit Wambach: Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass im Laufe der Zeit im Netz ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht. Das gilt etwa für unser Netz QuE in Nürnberg. Wir treffen uns im monatlichen Rhythmus. Von rund 70 Praxen sind in der Regel mindestens 60 dabei. Außerdem braucht es im Netz interne Verbindlichkeit.

Das war auch der Grund, warum die Genossenschaft QuE aus dem Praxisnetz Nürnberg-Nord hervorgegangen sind. Rund zwei Drittel der Ärzte im ursprünglichen Netz sind diesen Schritt mitgegangen.

Ärzte Zeitung: Gibt es eine Grundphilosophie, die die Arbeit im Netz prägt?

Wambach: Ja, definitiv. Es geht uns immer um das Dreieck von nachweisbarer Qualität im Sinne eines besseren Outcome, Patientenorientierung und Wirtschaftlichkeit.

Ärzte Zeitung: Welche - auch politisch gesteuerten - Konjunkturen haben Ärztenetze in den vergangenen 15 Jahren erlebt?

Wambach: Ende der 90er Jahre hat es eine große Aufbruchstimmung gegeben. Aber diese ebbte ab, weil es vielerorts an interner Verbindlichkeit der Netze gefehlt hat, Vorteile im Vergleich zur Regelversorgung waren oft nicht erkennbar. Eine zweite Konjunktur hat sich durch die Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung ab 2004 ergeben.

Diese Netze waren aber oft indikationsspezifisch gestrickt. Als die Anschubfinanzierung endete, verschwanden viele dieser Zusammenschlüsse wieder. Seit zwei Jahren erlebe ich wieder einen deutlichen Trend zu Netzen.

Ärzte Zeitung: Was ist der auslösende Faktor für diesen Trend?

Wambach: Bewusstsein und Wissen haben zugenommen, wie heterogen die Versorgungsstruktur in den Regionen ist. Man vergleiche beispielsweise nur Nürnberg mit seiner sozialen Struktur und der hohen Arbeitslosigkeit mit dem Landkreis Starnberg. Regionale Ärztenetze kennen die Verhältnisse vor Ort und können die Versorgung danach ausrichten - das ist ihre große Stärke.

Ärzte Zeitung: Welche Rolle spielt in den Netzen die intern und extern nachgewiesene Versorgungsqualität?

Wambach: Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Neben der regional angepassten Versorgung ist die Qualität der zweite große Pfeiler von Netzen. Wir haben uns immer bemüht, dass wir externe Versorgungsdaten gewinnen. Hilfreich sind etwa die Daten, die über die DMP-Datenstelle an Netze geliefert werden.

Auf dieser Basis kann man dann vergleichen, wie das einzelne Netz bayernweit abschneidet beispielsweise bei bestimmten Zielparametern für die Einstellung von Diabetes-Patienten.

Ärzte Zeitung: Bedeutet das Versorgungsstrukturgesetz einen Einschnitt in der Entwicklung von Netzen?

Wambach: Unbedingt! Ärztenetze sind erstmals überhaupt im SGB V erwähnt. Zudem gibt es die Förderung von Netzen im Kollektivvertragssystem. Damit eröffnet sich auch für Netze, die keinen Selektivvertrag abschließen können oder wollen, eine Perspektive.

Ärzte Zeitung: Netze sind in der Regel von unten gewachsen. Nun soll die KBV quasi "von oben" Kriterien für die Förderung festlegen. Ist das ein Problem?

Wambach: Es geht nun mal um eine Förderung im Kollektivvertrag. Ich kann nicht erkennen, wer außer der KBV diese Aufgabe übernehmen sollte. Auch bei Selektivverträgen haben Kassen im Übrigen häufig bestimmte Vorstellungen, letztlich Kriterien, über die ein Netz letztlich verhandeln wird.

Ärzte Zeitung: Im vergangenen Jahr wurde die Agentur deutscher Ärztenetze gegründet, deren Vorsitzender Sie sind. Wie ist die Resonanz?

Wambach: Sehr positiv. Die Organisation macht für die regionalen Ärztenetze Lobbyarbeit in Berlin. Der neue Paragraf 87b SGB V, der die Förderung von Netzen ermöglicht, ist ein großer Erfolg. Wir sind weiter gewachsen und haben im Moment 21 Mitglieder, bei der Gründung waren es noch 14.

Die Fragen stellte Florian Staeck.

Lesen Sie dazu auch: Ärztetag debattiert über Praxisnetze

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