Beihilfe

Gericht zweifelt Härtefallregel an

Im Streit um die Beihilfe für OTC-Arzneien gibt ein Gericht einem Patienten Recht. Mehr noch, es stellt die Verfassungsmäßigkeit der Beihilfeverordnung infrage.

Veröffentlicht:

MÜNSTER. Bundesbeamte können Beihilfe für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel verlangen. So entschied kürzlich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen.

Geklagt hatte ein Versorgungsberechtigter der Bundeswehr. Der Dienstherr, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts, hatte es abgelehnt, Beihilfe für OTC-Präparate zu gewähren. Denn die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) schließt das im Regelfall aus.

Ausnahmen aus medizinischen Gründen lagen im Fall des Klägers keine vor. Gleichwohl habe der Senat den Dienstherrn zur Bewilligung von Beihilfeleistungen verpflichtet.

Der Senat begründet sein Urteil damit, dass der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit "ohne eine Härtefallregelung unwirksam" sei. Er verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz).

Bloße Verwaltungsvorschriften reichen nicht

Eine Härtefallregelung müsse es für solche Fälle geben, in denen die finanziellen Aufwendungen für ärztlich verordnete OTC-Arzneimittel für den Beihilfeberechtigten unzumutbar hoch seien.

Dies sei laut Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann der Fall, wenn Beihilfeberechtigte mehr als zwei Prozent (Chroniker ein Prozent) ihres Jahreseinkommens für Arzneimittel ausgeben müssen.

Eine solche Härtefallregelung müsse in der Bundesbeihilfeverordnung selbst enthalten sein. Bloße Verwaltungsvorschriften reichten hierfür nicht aus.

Zwar enthält die Bundesbeihilfeverordnung seit September 2012 erstmals eine solche Härtefallregelung (in Paragraf 50 Abs. 1).

Diese Regelung stellte das OVG bei Gelegenheit des geschilderten Streitfalls aber in Frage, da sie die vom Bundesverwaltungsgericht definierten Einkommens-Prozentgrenzen in bestimmten Fällen überschreitet. Der Senat habe "erhebliche Zweifel daran, dass diese Neufassung des § 50 Abs. 1 BBhV verfassungsgemäß ist", heißt es.

Revision gegen das Urteil wurde vom Oberverwaltungsgericht NRW nicht zugelassen. (cw)

Az.: 1 A 334/11

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Bundesweite Erprobung startet

Personalbemessung: Hoffnung auf ein Ende des Hamsterrads in Kliniken

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Langzeitkohorte

Arzneimittel-Fehlverordnungen steigern wohl Sterblichkeit im Alter

Lesetipps
Das Wasser eines Aquariums kann mit ungewöhnlichen Erregern besiedelt sein. Dass dies der Grund für die chronische Wunde eines Patienten war, wurde erst klar, als der Patient von seinem Hobby berichtete.

© Mircea Costina / stock.adobe.com

Kasuistik

Die Dermatitis, die aus dem Wasser kam

Stethoskop auf Geldmünzen

© oppoh / stock.adobe.com / Generated by AI

EBM-Abrechnung 2026

Vorhaltepauschale 2.0: Bei 10 Kriterien ist für jeden was dabei

Patientin mit Gichtproblemen an ihren Händen und ihren Fingern.

© doucefleur / stock.adobe.com

S3-Leitlinie

Gicht: Das ist bei der medikamentösen Harnsäuresenkung wichtig