Arbeitsrecht

Gibt es Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach Kündigung?

Veröffentlicht:

Freiburg/Hannover. Arbeitgeber können eine Lohnfortzahlung nicht allein aus dem Grund verweigern, dass die Krankschreibung eines gekündigten Mitarbeiters genau bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses dauert. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hervor.

Im konkreten Fall meldete sich ein Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma, der zuletzt nicht eingesetzt worden war, zunächst für vier Tage mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung krank. Einen Tag später ging ihm die Kündigung zum Monatsende zu. In der Folge legte der Arbeitnehmer zwei weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, die ihn exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses als krankgeschrieben auswiesen.

Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung. Er hatte Zweifel, dass der Mitarbeiter tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war. Der Arbeitnehmer verlangte schließlich vor Gericht die Lohnfortzahlung - mit Erfolg.

Zeitliche Abfolge ist relevant

Das LAG Niedersachsen urteilte in zweiter Instanz, dass der Arbeitgeber den ausstehenden Lohn zahlen muss. Zwar könne nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgericht der Beweiswert einer Krankschreibung erschüttert sein, wenn ein Arbeitnehmer unmittelbar nach der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben wird - und die voraussichtliche Dauer der Krankschreibung passgenau die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abdeckt. Die zeitliche Abfolge sei im vorliegenden Fall jedoch eine andere gewesen: Zuerst habe sich der Arbeitnehmer krankgemeldet, erst dann habe der Arbeitgeber gekündigt.

Der Kläger kann folglich nicht erst durch den Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung dazu motiviert worden sein, einen Arzt aufzusuchen, um die Ausstellung einer AU zu erreichen.

Auch der Umstand, dass der Kläger just einen Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses wieder arbeitsfähig war und bei einem neuen Arbeitgeber zu arbeiten begonnen hat, reicht aus Sicht der mit dem Fall befassten Kammer „(noch) nicht“ aus, um den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit zu erschüttern.

Das LAG hat allerdings Revision beim Bundesarbeitsgericht zugelassen. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig. (dpa)

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Az.: 8 Sa 859/22

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann und Dr. Michael Seewald

© Anatoli Oskin / Universität Augsburg; © AstraZeneca

Umfrage unter Ärzt:innen

Nachhaltigkeit wird Kernbestandteil verantwortungsvoller Medizin

Anzeige | AstraZeneca GmbH
Wege zu mehr Nachhaltigkeit in der Arztpraxis

© Jennifer / stock.adobe.com

Zuwendung statt Rezept

Wege zu mehr Nachhaltigkeit in der Arztpraxis

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ob mit Smartphone, Zeitschrift oder Kreuzworträtsel

Langes Sitzen auf dem Klo erhöht wohl das Risiko für Hämorrhoiden

Lesetipps
Ein junger Mann hält sich die Hände auf die Brust.

© underdogstudios / Fotolia

Inflammatorisches myoperikardiales Syndrom

Myokarditis und Perikarditis: Das empfiehlt die neue ESC-Leitlinie