Gießen/Marburg: Klinikdirektoren "zündeln" weiter
Das privatisierte Uniklinikum Gießen/Marburg kommt nicht zur Ruhe: Wieder gab es einen Wechsel an der Spitze - zum Ärger der Klinikdirektoren. Die Folge: Brandbrief Zwei.
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Das Uniklinikum in Marburg: Die Klinikdirektoren beklagen eine "gescheiterte Privatisierung".
© Rolf K. Wegst
MARBURG (coo). Nach dem erneuten Wechsel an der Spitze des privatisierten Uniklinikums Gießen und Marburg haben die Klinikdirektoren einen zweiten Brandbrief mit dem Titel "Offenbarungseid für die Privatisierung?" geschrieben.
"Wir halten das neuerliche Ausscheiden der kompletten operativen Geschäftsführung bis auf die beiden Ärztlichen Geschäftsführer für hoch dramatisch. (...) Das Privatisierungsmodell scheint uns endgültig gescheitert", heißt es darin.
In ihrem ersten Brandbrief "22 Thesen zur Krise des Universitätsklinikums Gießen & Marburg" hatten die Klinikdirektoren bereits Alarm geschlagen.
"Universitäre Aufgaben in Forschung und Lehre sind massiv gefährdet"
Kürzlich wurde bekannt, dass die Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Irmgard Stippler, und die kaufmännische Geschäftsführerin am Standort Marburg, Dr. Doris Benz, ausscheiden.
Als Nachfolger hat sich Martin Menger, Vorstandsmitglied des Rhön-Konzerns, bei den Klinikdirektoren vorgestellt. Er ist seit mehr als elf Jahren für den Krankenhausbetreiber tätig.
Damit wurden innerhalb von sechs Jahren mehr als ein Dutzend Geschäftsführer berufen, kritisieren die Klinikdirektoren.
In ihrem Schreiben betonen sie, dass die Investitionen der Rhön AG - mehr als 367 Millionen Euro seit 2006 - nicht dauerhaft zur Verfügung gestellt werden.
Die Neubauten müssten bilanztechnisch von den Kliniken und damit von den Beschäftigten erwirtschaftet werden. Auch die Steigerung der Patientenzahl um 12,4 Prozent sei nur auf dem Rücken der Klinik-Mitarbeiter möglich gewesen.
Das Fazit der Direktoren: "Durch die massive Arbeitsbelastung in der Krankenversorgung sind unsere universitären Aufgaben in Forschung und Lehre massiv gefährdet! Wir sind nicht mehr bereit, unsere Verpflichtungen zur universitären Spitzenmedizin und unsere Arbeit als Hochschullehrer privatwirtschaftlichen Interessen unter zu ordnen!"