Börse

Gute Nachrichten für Anleger: Technologie-Hype ist abgeflacht

Aktien von Techunternehmen haben seit Jahresbeginn herbe Verluste hinnehmen müssen, weil ihre Bewertungen vielen Investoren übertrieben erschienen. Jetzt können langfristig orientierte Anleger wieder über einen Einstieg nachdenken.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Der neue Google-Campus im Silicon Valley: Nach langer Hochphase ist der Börsenkurs des Techkonzerns deutlich eingeknickt.

Der neue Google-Campus im Silicon Valley: Nach langer Hochphase ist der Börsenkurs des Techkonzerns deutlich eingeknickt.

© picture alliance / EPA | JOHN G. MABANGLO

Neu-Isenburg. Technologieaktien waren in den vergangenen Jahren die Lieblinge der Börsianer. Investoren haben Milliardenbeträge in Werte wie Apple, Amazon, die Google-Mutter Alphabet und Microsoft investiert und deren Börsenkurse weit in die Höhe getrieben.

Doch seit Jahresbeginn ist damit Schluss. Fonds verkaufen die Papiere. Die Kurse sind stark gefallen. Für langfristig orientierte Anleger könnte dies eine Chance sein, Aktien starker Unternehmen zu einem günstigen Preis zu bekommen.

Zwar lastet der Überfall Russlands auf die Ukraine seit Ende Februar auf den Börsen. Aber der US-Technologieindex NASDAQ ist weit stärker eingebrochen als andere Indizes. Seit Jahresbeginn hat er mehr als 27 Prozent verloren, davon allein 15,5 Prozent seit Kriegsbeginn am 24. Februar.

Hingegen ist der US-Leitindex Dow Jones in dieser Zeit um lediglich 8,2 Prozent gefallen, der deutsche Leitindex DAX um 7,05 Prozent – und der japanische Nikkei-Index hat sogar zwei Prozent gewonnen.

Verkauf kam nicht überraschend

Dass Profianleger vor fünf Monaten begonnen hätten, Techaktien zu verkaufen, sei nicht überraschend, sagt Gottfried Urban, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Urban & Kollegen in Altötting. „Die Titel waren viel zu hoch bewertet.“ Papiere etlicher Technologieunternehmen wurden Ende Dezember mit dem mehr als 50-Fachen des Jahresgewinns gehandelt, mehr als doppelt so viel, wie bei wachstumsstarken Unternehmen üblich.

In der Vergangenheit sei es regelmäßig zu Einbrüchen gekommen, wenn Aktien zu teuer geworden waren, so Urban. „Um die Jahrtausendwende waren es Telekommunikationsaktien, kurz vor der Finanzkrise 2007 Rohstoff- und Banktitel, Ende der 1980er-Jahre japanische Aktien und in den 1970er-Jahren die sogenannten Nifty-Fifty-Unternehmen wie Coca-Cola, McDonalds und Walt Disney, die völlig überteuert waren.“

In all diesen Fällen endete der Hype nach einigen Jahren. Die Kurse der Aktien fielen, bis die Bewertungen wieder das normale Maß erreicht hatten. Anschließend stiegen die Börsennotierungen der Unternehmen im Einklang mit der Gewinnentwicklung.

In einem inflationären Umfeld suchen Unternehmen nach Möglichkeiten die Effizienz zu steigern, indem sie Kosten senken.

Mirko Kohlbrecher, Vermögensverwaltung Spiekermann & Co.

Auch die Tech-Aktien würden langfristig wieder steigen, sagt Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege bei der Vermögensverwaltung Spiekermann & Co in Osnabrück. Nach dem Kurseinbruch seien „profitable Technologietitel ein bevorzugtes Investment.“ Gerade die durch den Krieg und Corona bedingte Inflation könnte den Branchenunternehmen nun steigende Umsätze und Gewinne und ihren Anteilsscheinen neue Kursanstiege bescheren.

„In einem inflationären Umfeld suchen Unternehmen nach Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern, indem sie Kosten senken“, sagt Kohlbrecher. „Sie investieren deshalb in Automatisierung und Digitalisierung, um die Produktivität zu steigern.“ Davon könnten Hard- und Softwareanbieter profitieren.

Gleichzeitig würden Leitzinserhöhungen der Notenbanken zur Bekämpfung der Teuerung die Tech-Giganten kaum treffen. „Diese Unternehmen haben wegen der Skalierungseffekte einen relativ geringen Bedarf nach weiterem Kapital“, weiß Kohlbrecher. Eine einmal entwickelte Software könne beliebig häufig verkauft werden. „Damit haben höhere Zinsen einen geringen Einfluss auf die Gewinnentwicklung in dieser Branche.“

Aussichtsreiche Halbleiterbranche

Als langfristig besonders aussichtsreich gelten Aktien von Technologieunternehmen, deren Geschäftsmodell nicht leicht kopiert werden kann. Ein Beispiel dafür ist die niederländische ASML. Das Unternehmen in Veldhoven ist einer der weltweit führenden Spezialisten für Halbleiter-Equipment. Die Bauteile und präzisen Messinstrumente von ASML sind zur Chip-Fertigung unersetzlich. Und der Markt für Halbleiter wächst stetig, weil Chips dauernd benötigt werden – für Smartphones, Elektromobile und sogar für Waschmaschinen.

Seit Jahresbeginn ist die ASML-Aktie um mehr als 33 Prozent gefallen. Sie wird nun zum 24-Fachen des für 2023 erwarteten Gewinns gehandelt. Aktuell haben 27 Analysten das Papier mit „Kaufen“, fünf mit „Halten“ und zwei mit „Verkaufen“ eingestuft. Die Dividende hat sich seit 2020 von 2,75 Euro auf 5,5 Euro verdoppelt.

Ebenfalls zum nur noch 24-Fachen des für 2023 erwarteten Gewinns notiert die Aktie von Nvidia, nachdem deren Kurs in den vergangenen Monaten um 50 Prozent eingebrochen ist. Der US-Konzern ist einer der weltweit führenden Hersteller von IT-Hardware, darunter Chips und Grafikprozessoren für Laptops, Smartphones und Automobile.

Microsoft steht auf zwei starken Beinen: Da ist zum einen die Software, zum anderen die Cloud-Dienstleistung – die Datenspeicherung für Unternehmen und Privatkunden. Die Aktie ist in der Spitze um mehr als 26 Prozent gesunken, notiert nun zum 23,8-Fachen des erwarteten Gewinns und bietet eine Dividendenrendite von einem Prozent. 42 Analysten raten zum Kauf des Papiers, ein Beobachter zum Halten.

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