Arbeitsrecht

Hohe Hürden für leidensgerechten Arbeitsplatz nach langer Krankheit

Gegen das Weisungsrecht des Arbeitgebers kommt auch eine lange Erkrankung eines Arbeitsnehmers nicht an. Bei Rückkehr in den Betrieb muss er sich den Plazierungswünschen des Arbeitsgebers fügen.

Veröffentlicht:

Köln. Die Hürden für einen beruflichen Wiedereinstieg nach einer stressbedingten langen Erkrankung sind hoch. Denn eine Beschäftigung nach den Vorstellungen und Wünschen des Arbeitnehmers würde das Weisungsrecht des Arbeitgebers unterlaufen, wie das Landesarbeitsgericht Köln in einem kürzlich veröffentlichten Urteil betont. Ob dabei ein ärztliches Attest helfen kann, das bestehende Einschränkungen beschreibt und bestätigt, hängt danach von den Umständen und den Zielen des Arbeitnehmers ab.

Der Kläger ist Bankkaufmann und arbeitete seit 1983 bei einer Genossenschaftsbank im Rheinland, zuletzt als Vermögensspezialist im Firmenkundencenter. Ab Oktober 2020 war er arbeitsunfähig krank. Grund war nach seinen Angaben der durch Zielvorgaben und tägliche Kontrollen erzeugte Leistungsdruck und Stress. Im Januar 2022 teilte er mit, dass er im April 2022, also nach insgesamt eineinhalb Jahren, an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wolle. Bei einem daraufhin anberaumten Personalgespräch legte er ein Attest vor, wonach erheblicher Zeit- und Leistungsdruck sowie tägliche leistungsbezogene Kontrollen seine Genesung gefährden könnten.

Für die bisherige Tätigkeit nicht mehr geeignet

Mitte April 2022 erschien der Bankkaufmann in der Hauptverwaltung der Bank und bot seine Arbeit an. Die Arbeitgeberin lehnte dies ab, weil er nach dem vorgelegten Attest für seine bisherige Tätigkeit nicht mehr geeignet sei. Andere von ihm vorgeschlagene Stellen seien entweder nicht verfügbar oder sie seien sogar noch stressiger als die bisherige. Erst drei Monate später, ab Mitte Juli 2022, setzte die Bank den Kläger an einem anderen Standort im Team Geschäftskundenberatung ein.

Während der drei Monate dazwischen zahlte die Bank keinen Lohn. Mit seiner Klage machte der Bankkaufmann für diese Zeit sogenannten Annahmeverzugslohn geltend. Er habe arbeiten wollen seine Arbeit angeboten, dies sei aber nicht angenommen worden. Das LAG Köln wies die Klage ab. Zur Begründung verwies es auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dem hier vom Arbeitgeber geplanten Einsatz auf der bisherigen Stelle habe das vorgelegte Attest entgegengestanden.

Arbeitgeber muss keine Stelle extra einrichten

Der Arbeitgeber habe aber nicht Pflicht „die von ihm zunächst wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen oder Belangen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen“. Andernfalls werde sein Weisungsrecht unterlaufen. Das gelte auch im Fall einer Erkrankung wie hier, betonte das LAG. Sei ein leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeitsplatz verfügbar, könne lediglich Anspruch auf Schadenersatz bestehen, wenn der Arbeitgeber diesen Arbeitsplatz nicht anbietet, obwohl der Arbeitnehmer eine leidensgerechte Beschäftigung verlangt hat.

Im Streitfall habe der Bankkaufmann aber auch keinen Anspruch auf Schadenersatz. Zwar habe er eine leidensgerechte Beschäftigung verlangt, ein passender Arbeitsplatz sei aber nicht verfügbar gewesen. Extra einrichten müssten Arbeitgeber eine solche Beschäftigungsmöglichkeit nicht, betonten die Kölner Richter.

(mwo)

Landesarbeitsgericht Köln, Az.: 4 Sa 1/23

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