HINTERGRUND

In der Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten läuft immer häufiger etwas schief

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Stress und Hektik beeinträchtigen den Umgang mit Patienten.

Stress und Hektik beeinträchtigen den Umgang mit Patienten.

© Foto: Klaro

Der Arzt aus der Gemeinschaftspraxis stellte sich nicht vor und war auch sonst kurz angebunden. Als die Patientin nach seinem Namen und dem Untersuchungsergebnis fragte, erhielt sie eine verblüffende Antwort: Sein Name stünde schon seit vielen Jahren an der Praxistür und Zeit für viele Erklärungen hätte er nicht: "Es geht hier im Minutentakt."

1395 Patienten wandten sich im Jahr 2007 an die Ombudsleute

Ein solcher Umgang mit Patienten ist die Ausnahme, aber er findet den Weg zum Verein Patientenombudsmann/ -frau Schleswig-Holstein. Der Vereinsvorsitzende Professor Günther Jansen und seine Ombudsleute haben im vergangenen Jahr beobachtet, dass die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten in vielen Fällen gestört ist. Insgesamt 1395 Patienten wandten sich an die Ombudsleute im Norden, weil sie Konflikte mit Arztpraxen, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen nicht allein lösen konnten. Dabei traten Kommunikationsprobleme immer mehr in den Vordergrund. So auch bei dem Patienten, der wegen eines Problems telefonischen Kontakt zu seinem Arzt aufnehmen wollte. Als die Praxismitarbeiterin ihn mehrfach energisch abwies, kam der Patient in die Praxis. Dort wurde er mit der Begrüßung "Sie können doch nicht einfach hier vorbeikommen. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir in den nächsten zwei Wochen keinen Termin für Sie haben", empfangen.

Viele Konfliktsituationen haben eine lange Vorgeschichte

Jansen räumt ein, dass solche Beispiele aus dem Zusammenhang genommen sind und eine Vorgeschichte haben. Betroffen machen sie aber dennoch, weil die Auflistung in der Summe zeigt, dass die Kommunikation mit den Patienten immer häufiger Probleme macht. Viele Patienten fühlen sich nach Einschätzung Jansens von den Ärzten nicht mehr ernst genommen, vermissen Zuwendung und fühlen sich als "Nummer im Wartezimmer". Woran liegt es, dass immer mehr Patienten solche Zustände beklagen?

Ombudsfrau Siegrid Petersen sagte: "Wir haben den Eindruck, dass dies eine Folge von immer mehr um sich greifender Hektik und Stress ist, die durch Kosten- und Zeitdruck verursacht werden und Nährboden für Unfreundlichkeit und Fehlverhalten sowohl im Krankenhaus als auch in der Praxis sind." Auch das Thema Wartezeiten in den Praxen führte im vergangenen Jahr zu vielen Beschwerden. Manche Patienten erhielten den gewünschten Termin erst vier bis fünf Monate nach ihrem Anruf. Verärgert war etwa eine Patientin, die auf Empfehlung ihres Lungenfacharztes eine kardiologische Abklärung benötigte. Die erste Praxis gab ihr einen Termin in sechs, die zweite in zehn Monaten. Als sie daraufhin in der Universitätsklinik nachfragte, erhielt sie einen Termin innerhalb von fünf Monaten. Solche Fälle finden sich im Bericht quer durch die Fachgruppen, vom Augenarzt bis zum Gynäkologen.

Jansen sieht einen Grund für die zunehmenden Wartezeiten in den so genannten Budgetferien in den letzten Wochen eines Quartals. Bei allem Verständnis für den Ärger der Ärzte über die Budgetierung rät Jansen ihnen, auf solche Schließungen aus Abrechnungsgründen zu verzichten. Er gibt zu bedenken, dass Patienten gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten. Und selbst, wenn es sich "nur" um Vorsorgetermine handelt, führten zu lange Wartezeiten zu Frust und möglicherweise dazu, dass auf die Untersuchung verzichtet wird. Hinzu kommt die öffentliche Wahrnehmung und Interpretation. Die Ersatzkassen werteten die Beispiele aus dem Bericht unter dem Titel: "Patienten verstehen die Ärzte nicht mehr." VdAK-Sprecher Oliver Grieve stellte fest, "dass die Menschen die Honorarstreitigkeiten der Ärzteschaft nicht mehr auf ihrem Rücken austragen lassen wollen".

Patientenombudsleute verstehen sich als Mittler

Bei dieser Interpretation bleiben die vielen kurzfristig vereinbarten Termine und zufriedenen Patienten unberücksichtigt. Und auch die Fälle, in denen sich Patienten daneben benehmen.

Der Ombudsverein kennt auch dafür Beispiele. Etwa den aufbrausenden Patienten, der sich nicht an die Ratschläge seines Arztes halten wollte. Als er sich beim Patientenombudsmann über den Praxisinhaber beschwert, kommt die ganze Vorgeschichte auf den Tisch: Der Patient hatte sich unverschämt aufgeführt und musste aus der Praxis verwiesen werden. Auch in den anderen Praxen der Umgebung war sein Verhalten bereits bekannt. Erst durch das Gespräch mit dem Patientenombudsmann begann der Patient, sein Verhalten zu überdenken. Er entschuldigte sich beim Arzt, der daraufhin die Beleidigungen durch den Patienten ad acta legte und die Behandlung wieder aufnahm. Die Ombudsleute setzen auf solche klärenden Gespräche, um das Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten wieder herzustellen.

Jansen betont die Mittlerrolle: "Der Patientenombudsverein ist stets darauf bedacht, beide Seiten zu hören, um dann als Vertreter berechtigter Interessen der Patienten diese konsequent zu unterstützen."

Die meisten Fälle kommen aus der Praxis

Die meisten Fälle für die Patientenombudsleute kamen im vergangenen Jahr aus Arztpraxen (436), gefolgt von Kliniken (307). Die Kommunikation war mit 414 Fällen das häufigste Problemfeld, gefolgt vom Verdacht auf Behandlungsfehler und von Problemen bei der Verordnung. Der 1996 gegründete Patientenombudsverein arbeitet mit drei Ombudsleuten, die hauptberuflich als Seelsorger tätig sind oder waren. Zu den Mitgliedern des Vereins zählen u.a. die Ärztekammer, die KV Schleswig-Holstein, die AOK und weitere Krankenkassen, verschiedene Berufsverbände und Kliniken.

(di)

Auch Klagen über lange Wartezeiten häufen sich.

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