Urteil

Kasse muss PID nicht zahlen

Über die PID haben Politiker heiß diskutiert - mit dem Ergebnis: Auch genetisch stark vorbelastete Eltern sollen gesunde Kinder bekommen können. Das heißt aber nicht, dass die Kasse die Kosten dafür übernehmen muss, haben Richter jetzt klargestellt.

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Die künstliche Befruchtung muss die Kasse bezahlen, wenn ein Paar zeugungsunfähig ist, entschieden LSG-Richter.

Die künstliche Befruchtung muss die Kasse bezahlen, wenn ein Paar zeugungsunfähig ist, entschieden LSG-Richter.

© ktsdesign / fotolia.com

STUTTGART. Paare mit Kinderwunsch können auch mit einer Veranlagung für eine Erbkrankheit von ihrer Krankenkasse keine Kostenerstattung für eine künstliche Befruchtung und eine Präimplantationsdiagnostik (PID) verlangen.

Denn die PID stellt weder eine Maßnahme der Früherkennung im Sinne des Gesetzes noch eine Krankenbehandlung dar, hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschieden. Auch habe der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die PID nicht als Behandlungsmethode anerkannt.

Geklagt hatte ein Paar aus dem süddeutschen Raum. Beide Kläger sind Träger einer Mutation im sogenannten GLDC-Gen.

Die Genveränderung kann bei einem Neugeborenen zu einer vererbten Stoffwechselerkrankung, der ketotischen Hyperglycinämie, führen. Die Kläger sind bereits Eltern. Eines der Kinder leidet an der Erbkrankheit.

Eltern wünschten sich gesunde Kinder

Die Frau erlitt zudem eine Fehlgeburt, zwei Schwangerschaften wurden abgebrochen, da die Föten ebenfalls von der Erbkrankheit betroffen waren.

Die Eltern wünschten sich jedoch weitere - allerdings gesunde - Kinder. Daher beantragten sie bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für eine PID und für eine künstliche Befruchtung.

Doch die Krankenkasse lehnte dies ab. Das Paar könne auf natürlichem Wege Kinder zeugen. Bei einer Schwangerschaft könne mit einer Fruchtwasseruntersuchung festgestellt werden, ob das werdende Kind die Erbkrankheit aufweist. Unter Umständen sei dann eine Abtreibung denkbar.

Die Eltern wiesen dies zurück. Die Frau verkrafte weitere Schwangerschaftsabbrüche psychisch nicht mehr.

Zeugungsunfähigkeit ist ausschlaggebend

Das LSG stellte nun klar, dass die Kläger nach dem Gesetz keinen Kostenerstattungsanspruch für eine künstliche Befruchtung oder eine PID geltend machen können.

Denn eine künstliche Befruchtung könne nur bei Zeugungsunfähigkeit von der Kasse bezahlt werden. Die Kläger hätten jedoch in der Vergangenheit bereits Kinder auf natürlichem Wege gezeugt.

Auch für die PID lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nicht vor, entscheiden die Richter. Zwar müssten Krankenkassen die Kosten für Früherkennungsmaßnahmen tragen.

Eine Früherkennungsmaßnahme ziele aber auf einen lebenden Körper. Bei der PID würden jedoch lediglich genetisch belastete Zellen vor einer Befruchtung aussortiert.

Die PID sei auch keine Therapiemaßnahme. Voraussetzung hierfür sei das Vorliegen einer Krankheit. Die Genmutation bei den Klägern stelle aber keine Krankheit dar.

PID kann Gen-Mutation der Eltern nicht heilen

Der Gendefekt sei bei den Klägern erkannt worden, er bedürfe keiner Behandlung und mache sie nicht arbeitsunfähig. Die PID könne bei den Klägern die Mutation auch nicht heilen.

Selbst wenn die PID seit 8. Dezember 2011 unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr strafbar ist, folge daraus keine Kostenerstattungspflicht der Krankenkassen, so das LSG. (fl)

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Az.: L 4 KR 5058/12

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